2 glatt, 2 verkehrt
Jeder von uns hat eine hot-flop-Liste im Kopf. Dinge, die der Betreffende also als wahnsinnig sexy bezeichnen würde, und andere Dinge, die man eher mit Omiklischee assoziiert. Hm, was gehört zu meiner hot-Liste: definitiv Schuhe, Kosmetik, meine waffenscheinpflichtigen Top’s, die ein Dekolletee zaubern, dass mein vis-a-vis Sonnenbrillen braucht, weil ihn der Anblick so blendet. Was gehört auf die flop-Liste? Nun ja, es gibt viele Sachen, die in meinen Augen total unerotisch sind. Doppeldates mit Männern und ihrem Ego, Crocks (auch wenn ich sie liebe, weil sie irre bequem sind), labbrige Rollkragenpullis. Es gibt aber quasi eine Mutter des Unerotiktums – das Stricken…
Mit Stricken habe ich immer meine verstorbene Großmutter assoziiert, die in zwei Tagen einen kompletten Pulli runter gestrickt hat. Und in der Schule habe ich stricken absolut gehasst – da hat die Beste aller Mütter immer meine Schulpullis stricken müssen. Weniger, weil ich es nicht konnte, sondern weil es mich immens gelangweilt hat. Und als Erwachsene? Nun, da habe ich immer einen Bogen um die Stricknadeln gemacht – eben, weil es so total unerotisch ist. Wenn man strickt, ist man alt, und in mir kam – wenn ich jemanden stricken gesehen habe – immer eine Frage hoch „fickst du noch, oder strickst du schon?“. Nein, freiwillig würde ich nie, nie, nie Strickzeug in die Hand nehmen… denn ich bin ja schließlich eine coole, sexy Singlefrau - ich hab's noch lange nicht notwendig, Sex mit Stricken zu kompensieren…
Ich treibe mich ja in dem einen oder anderen Internetforum herum. Eines davon ist ein reines Frauenforum (mit zwei, drei Quotenmännern), und natürlich habe ich dort eines schönen Tages auch einen Strick-Thread entdeckt. Und habe zu meiner großen Überraschung gesehen, dass dort einige sehr junge, sehr agile, sehr intelligente Frauen zum Strickzeug gegriffen haben. Sie geben sich dort die ultimativen Stricktipps, posten Bilder ihrer selbst gestrickten Kunstwerke und sprechen einander gegenseitig Mut zu, wenn der Kampf gegen die Nadeln von den Nadeln gewonnen zu sein scheint.
In diesem Forum haben wir dieses Jahr auch wieder ein Engerl-Bengerl-Spiel gestartet. Ich finde solche Dinge immer sehr lustig und bin natürlich für jede Dummheit zu haben. Das Bengerl, das mir zugelost worden ist, ist eine junge Frau, die im Strick-Thread zuhause ist. Ihr Wichtelhinweis besagte, dass ihr oft kalt ist. Und da das Geschenk ja nur eine Kleinigkeit sein soll und nicht zu teuer, habe ich überlegt, wie es wohl wäre, wenn ich ihr einen Schal stricken würde.
Also, gesagt – getan: ich fahre in ein Wollfachgeschäft und suche mir dicke, kuschelige Schalwolle aus und besorge mir auch gleich dazu passende Stricknadeln. Auf meine Frage, wie viele Knäuel Wolle ich wohl brauchen werde, wenn ich so einen richtig, richtig langen Schal fabrizieren möchte, schätzt die Verkäuferin so sicher zehn Knäuel. Puh, das ist dann schon ganz schön viel Wolle… Na, fangen wir mal mit der halben Menge an, nachkaufen kann ich ja immer noch. Am selben Abend noch setze ich mich hin und beginne an meinem Schal zu stricken. Und da ich ihn nur glatt stricke, muss ich beim Muster nicht aufpassen, die Wolle, die mal dick, mal dünn ist, verzeiht ein ungleichmäßiges Stricken und so schnell kann ich gar nicht schauen, ist das erste Knäuel schon verstrickt. Ein erstes Nachmessen ergab, dass ich mit einem Knäuel Wolle 40 cm Schal geschafft habe. Das sollte also eine Gesamtlänge von zwei Metern ergeben. Perfekt – zwei Meter war in etwa das, was ich mir vorgestellt habe. Die zweite Freude: es geht super schnell, nach zwei Fernsehabenden war das Meisterwerk fertig gestellt… und ich vom Strickfieber infiziert.
Ich erzähle Caro ganz stolz von meinem Kunstwerk, und sie äußert gleich die Befürchtung, dass ich zu Weihnachten nun alle mit selbst gestrickten Schals beglücken würde. Nun, das wäre durchaus eine Möglichkeit, weil es schnell geht und einfach ist. Aber mir fehlt ein bissl die Herausforderung, denn einen Schal in nur-glatt stricken ist wirklich keine Kunst.
Was aber eine Kunst ist, sind Socken… Eines schönen Einkaufssamstages laufe ich bei einem A&M einer Sockenstrickbox über den Weg. Inhalt: ein Nadelspiel (für die, die nicht wissen, was das ist: das sind fünf dünne Stricknadeln, mit denen man schlauchförmige Gebilde stricken kann), 2 Knäuel Sockenwolle, ein Buch und ein „Sockenkompass“, an dem man für jede Schuhgröße ablesen kann, wie viele Maschen angeschlagen werden müssen, wie die Ferse gestrickt werden muss, und wie lange der Fuß bis zur Spitze sein muss. Die Anleitung für die Spitze selbst kann man dem Ding auch entnehmen. Absolut perfekt – und das für nicht mal 15 EUR – da hab ich schon mehr Geld für blödere Dinge ausgegeben.
Vor allem male ich mir aus, wie perfekt es sein muss: laut diesem schlauen Buch kann man – wenn man geübt ist – in zehn Stunden ein Paar Socken stricken. Ich kalkuliere noch einen Sicherheitszuschlag ein und rechne, dass ich bis Weihnachten locker einen Probesocken und zwei Paar „richtige“ Socken gestrickt haben müsste. Außerdem hoffe ich auf die Wirkung der Lernkurve, die ja besagt, dass jede Verdoppelung des Outputs eine 20 bis 25%ige Zeitersparnis bringt. Damit sollte alles zum Schaffen sein.
Mein Probesocken ist zwar keine Schönheit geworden, aber man kann dennoch den Socken darin erkennen. Also wage ich den Sprung zu den Geschenksocken. Und kämpfe mich tapfer von Reihe zu Reihe. Zu meiner leisen Enttäuschung muss ich aber feststellen: von 10 Stunden je Paar bin ich so weit entfernt wie von einem Physiknobelpreis. Ich schaffe nicht mal einen Socken in 10 Stunden… Eines Sonntags, als ich bei meinen Eltern zum Essen eingeladen bin, schnappe ich mein Strickzeug und beginne, vor meinen Eltern die für sie als Überraschung gedachten Socken zu stricken. Den etwas ungläubigen Blick meiner Beiden kommentiere ich ziemlich trocken mit „ok, zwei Möglichkeiten. Möglichkeit eins ist, dass ihr geflissentlich ignoriert, was ich hier tue, und am heiligen Abend tut ihr wahnsinnig überrascht, wenn ihr eure Geschenke auspackt. Möglichkeit zwei ist, dass ihr kooperiert und probiert, ob die Dinger überhaupt passen.“. Die Besten aller Eltern sind kooperativ und probieren – und da meine Socken zwar schön sitzen, aber in keinster Weise einschneiden oder drücken oder reiben, beginnen sie sogar, sich auf ihr Geschenk zu freuen.
Leider habe ich bis Weihnachten nur ein Paar fertig stricken können – das Paar für meinen Dad liefere ich nach. Aber ich bin trotzdem stolz auf meine Leistung.

Vor allem habe ich eines bemerkt: stricken macht süchtig. Dadurch, dass ich noch lange nicht so geübt bin, wie ich es gerne wäre, muss ich mich beim Stricken ständig auf meine Hände konzentrieren und genau aufpassen, was ich da genau mache. Was den Vorteil hat, dass ich nebenbei nicht meinen hunderttausend Zusatzgedanken um Weltfrieden, Weltgesundheit und Welternährung nachhängen kann – von meinen Gedanken an McDreamy mal ganz zu schweigen. In meinem Kopf ist es herrlich still… somit werde ich weiterhin Stricken als Meditation betreiben – und zur Not meinen Freundeskreis mit selbst gestrickten Socken beglücken. Also Leute, stellt’s euch schon mal seelisch drauf ein…
Edit: die Sendesuchlauf-Testbildsocken für meinen Dad sind nun auch endlich fertig - mir war schon ganz schwindlig beim Stricken... Und so sehen die Wunderteile aus:

Mit Stricken habe ich immer meine verstorbene Großmutter assoziiert, die in zwei Tagen einen kompletten Pulli runter gestrickt hat. Und in der Schule habe ich stricken absolut gehasst – da hat die Beste aller Mütter immer meine Schulpullis stricken müssen. Weniger, weil ich es nicht konnte, sondern weil es mich immens gelangweilt hat. Und als Erwachsene? Nun, da habe ich immer einen Bogen um die Stricknadeln gemacht – eben, weil es so total unerotisch ist. Wenn man strickt, ist man alt, und in mir kam – wenn ich jemanden stricken gesehen habe – immer eine Frage hoch „fickst du noch, oder strickst du schon?“. Nein, freiwillig würde ich nie, nie, nie Strickzeug in die Hand nehmen… denn ich bin ja schließlich eine coole, sexy Singlefrau - ich hab's noch lange nicht notwendig, Sex mit Stricken zu kompensieren…
Ich treibe mich ja in dem einen oder anderen Internetforum herum. Eines davon ist ein reines Frauenforum (mit zwei, drei Quotenmännern), und natürlich habe ich dort eines schönen Tages auch einen Strick-Thread entdeckt. Und habe zu meiner großen Überraschung gesehen, dass dort einige sehr junge, sehr agile, sehr intelligente Frauen zum Strickzeug gegriffen haben. Sie geben sich dort die ultimativen Stricktipps, posten Bilder ihrer selbst gestrickten Kunstwerke und sprechen einander gegenseitig Mut zu, wenn der Kampf gegen die Nadeln von den Nadeln gewonnen zu sein scheint.
In diesem Forum haben wir dieses Jahr auch wieder ein Engerl-Bengerl-Spiel gestartet. Ich finde solche Dinge immer sehr lustig und bin natürlich für jede Dummheit zu haben. Das Bengerl, das mir zugelost worden ist, ist eine junge Frau, die im Strick-Thread zuhause ist. Ihr Wichtelhinweis besagte, dass ihr oft kalt ist. Und da das Geschenk ja nur eine Kleinigkeit sein soll und nicht zu teuer, habe ich überlegt, wie es wohl wäre, wenn ich ihr einen Schal stricken würde.
Also, gesagt – getan: ich fahre in ein Wollfachgeschäft und suche mir dicke, kuschelige Schalwolle aus und besorge mir auch gleich dazu passende Stricknadeln. Auf meine Frage, wie viele Knäuel Wolle ich wohl brauchen werde, wenn ich so einen richtig, richtig langen Schal fabrizieren möchte, schätzt die Verkäuferin so sicher zehn Knäuel. Puh, das ist dann schon ganz schön viel Wolle… Na, fangen wir mal mit der halben Menge an, nachkaufen kann ich ja immer noch. Am selben Abend noch setze ich mich hin und beginne an meinem Schal zu stricken. Und da ich ihn nur glatt stricke, muss ich beim Muster nicht aufpassen, die Wolle, die mal dick, mal dünn ist, verzeiht ein ungleichmäßiges Stricken und so schnell kann ich gar nicht schauen, ist das erste Knäuel schon verstrickt. Ein erstes Nachmessen ergab, dass ich mit einem Knäuel Wolle 40 cm Schal geschafft habe. Das sollte also eine Gesamtlänge von zwei Metern ergeben. Perfekt – zwei Meter war in etwa das, was ich mir vorgestellt habe. Die zweite Freude: es geht super schnell, nach zwei Fernsehabenden war das Meisterwerk fertig gestellt… und ich vom Strickfieber infiziert.
Ich erzähle Caro ganz stolz von meinem Kunstwerk, und sie äußert gleich die Befürchtung, dass ich zu Weihnachten nun alle mit selbst gestrickten Schals beglücken würde. Nun, das wäre durchaus eine Möglichkeit, weil es schnell geht und einfach ist. Aber mir fehlt ein bissl die Herausforderung, denn einen Schal in nur-glatt stricken ist wirklich keine Kunst.
Was aber eine Kunst ist, sind Socken… Eines schönen Einkaufssamstages laufe ich bei einem A&M einer Sockenstrickbox über den Weg. Inhalt: ein Nadelspiel (für die, die nicht wissen, was das ist: das sind fünf dünne Stricknadeln, mit denen man schlauchförmige Gebilde stricken kann), 2 Knäuel Sockenwolle, ein Buch und ein „Sockenkompass“, an dem man für jede Schuhgröße ablesen kann, wie viele Maschen angeschlagen werden müssen, wie die Ferse gestrickt werden muss, und wie lange der Fuß bis zur Spitze sein muss. Die Anleitung für die Spitze selbst kann man dem Ding auch entnehmen. Absolut perfekt – und das für nicht mal 15 EUR – da hab ich schon mehr Geld für blödere Dinge ausgegeben.
Vor allem male ich mir aus, wie perfekt es sein muss: laut diesem schlauen Buch kann man – wenn man geübt ist – in zehn Stunden ein Paar Socken stricken. Ich kalkuliere noch einen Sicherheitszuschlag ein und rechne, dass ich bis Weihnachten locker einen Probesocken und zwei Paar „richtige“ Socken gestrickt haben müsste. Außerdem hoffe ich auf die Wirkung der Lernkurve, die ja besagt, dass jede Verdoppelung des Outputs eine 20 bis 25%ige Zeitersparnis bringt. Damit sollte alles zum Schaffen sein.
Mein Probesocken ist zwar keine Schönheit geworden, aber man kann dennoch den Socken darin erkennen. Also wage ich den Sprung zu den Geschenksocken. Und kämpfe mich tapfer von Reihe zu Reihe. Zu meiner leisen Enttäuschung muss ich aber feststellen: von 10 Stunden je Paar bin ich so weit entfernt wie von einem Physiknobelpreis. Ich schaffe nicht mal einen Socken in 10 Stunden… Eines Sonntags, als ich bei meinen Eltern zum Essen eingeladen bin, schnappe ich mein Strickzeug und beginne, vor meinen Eltern die für sie als Überraschung gedachten Socken zu stricken. Den etwas ungläubigen Blick meiner Beiden kommentiere ich ziemlich trocken mit „ok, zwei Möglichkeiten. Möglichkeit eins ist, dass ihr geflissentlich ignoriert, was ich hier tue, und am heiligen Abend tut ihr wahnsinnig überrascht, wenn ihr eure Geschenke auspackt. Möglichkeit zwei ist, dass ihr kooperiert und probiert, ob die Dinger überhaupt passen.“. Die Besten aller Eltern sind kooperativ und probieren – und da meine Socken zwar schön sitzen, aber in keinster Weise einschneiden oder drücken oder reiben, beginnen sie sogar, sich auf ihr Geschenk zu freuen.
Leider habe ich bis Weihnachten nur ein Paar fertig stricken können – das Paar für meinen Dad liefere ich nach. Aber ich bin trotzdem stolz auf meine Leistung.

Vor allem habe ich eines bemerkt: stricken macht süchtig. Dadurch, dass ich noch lange nicht so geübt bin, wie ich es gerne wäre, muss ich mich beim Stricken ständig auf meine Hände konzentrieren und genau aufpassen, was ich da genau mache. Was den Vorteil hat, dass ich nebenbei nicht meinen hunderttausend Zusatzgedanken um Weltfrieden, Weltgesundheit und Welternährung nachhängen kann – von meinen Gedanken an McDreamy mal ganz zu schweigen. In meinem Kopf ist es herrlich still… somit werde ich weiterhin Stricken als Meditation betreiben – und zur Not meinen Freundeskreis mit selbst gestrickten Socken beglücken. Also Leute, stellt’s euch schon mal seelisch drauf ein…
Edit: die Sendesuchlauf-Testbildsocken für meinen Dad sind nun auch endlich fertig - mir war schon ganz schwindlig beim Stricken... Und so sehen die Wunderteile aus:

drewshine - 26. Dez, 21:42