Montag, 18. Juni 2007

Hair

Ein Sprichwort sagt „der Mensch stammt vom Affen ab“, wobei böse Zungen den Satz um ein „der Eine mehr, der Andere weniger“ erweitern. In den späten 60er Jahren hat unsere Elterngeneration mit damals revolutionären Haarschnitten gegen die Ansichten unserer Großeltern protestiert. Woher kommt’s, dass Haare unser Leben so beeinflussen?

Mich verbindet eine innige Hassliebe mit meinem straßenköterblonden Haarschopf. Viel zu dünn, viel zu wenig Volumen, und noch dazu Schnittlauchlocken – unmöglich, diese Biester halbwegs zu zähmen. In den 80er und frühen 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts habe ich deshalb Dauerwellen gehabt, wobei ich mich immer gefragt habe, ob der Fixierer wohl als chemischer Kampfstoff à la „Agent Orange“ zugelassen ist. Irgendwann war mein Haar davon so kaputt, dass nur noch die Schere geholfen hat und ich mein überschulterlanges Haar dem Dauerwellensatan opfern musste.

Danach habe ich jahrelang mehr oder weniger flotte Kurzhaarfrisuren getragen, die ich regelmäßig hellblond gefärbt habe. Vor drei Jahren, als ich mich von meinem Ex getrennt habe, habe ich mich auch dazu entschlossen, mein Haar wieder wachsen zu lassen, und seitdem züchte ich mühsam wieder die Länge heran. Und da das Blondieren auf Dauer auch nicht gerade das Beste für die Mähne ist, habe ich mein Haar wieder auf die Originalfarbe zurückfärben lassen, um ihm die Chance zu geben, möglichst unstrapaziert zu wachsen. Wobei ich mit meiner Naturhaarfarbe einen unbestrittenen Vorteil habe: graue Haare sind bei mir kein Thema, die fallen bei straßenköterblond nämlich nicht auf.

Aber sie sind dennoch mühsam, da sie ja gewaschen, gefönt und gestylt werden wollen. Und gerade in Sachen „Haare fönen“ und „Haare stylen“ habe ich zwei linke Hände: egal, wie viel ich auch übe, nichts will gelingen. Es wäre auch viel praktischer, die Biester abschneiden zu lassen, aber irgendwie sagt jeder Mann, den ich frage „bloß nicht abschneiden, lange Haare sind bei Frauen soooooo schön….“. Und sie verdrehen jedes Mal die Augen, wenn ich sage „schon mal nach einem Sturm die Haare entwirrt, ohne dabei wie ein Schlosshund zu heulen?“.

So sehr die Männer aber die Haare auf den Köpfen der Frauen schätzen, so sehr verabscheuen sie sie an anderen Körperstellen. Und so verdient sich die Kosmetikindustrie an uns Frauen eine goldene Nase, weil wir dem übrigen Körperhaar mit allem Möglichen zu Leibe rücken. Also rasieren wir uns die Achseln, wir epilieren die Beine (kann mir irgendjemand erklären, wie das mit diesen Kaltwachsstreifen funktioniert? Bei mir bleibt lediglich das Wachs auf den Beinen kleben, die Haare zeigen sich gänzlich unbeeindruckt…) und rücken der Bikinizone mit Heißwachs zu Leibe.

Tja, die liebe Bikinizone… Ich hatte nie ein Problem mit meinen Schamhaaren, bis ein lieber Freund im Schwimmbad mal zu mir gemeint hat „da sollte sich mal jemand rasieren…“. Nachdem ich mich von dem Schock und der Überraschung erholt habe, wohin platonische heterosexuelle Freunde bei einer Frau so schauen, habe ich zähneknirschend meine Einstellung geändert. Und habe mal den einfachsten Weg ausprobiert: rasieren. Ja, geht ganz easy, und tut auch nicht weh. Aber: es sticht, es sticht, es sticht, wenn die Biester nachwachsen. Also entweder täglich nachrasieren oder aber ab dem dritten Tag permanent an die Bikinizone denken. Auch nicht grad angenehm…

Plan B ist Enthaarungscreme, da gibt es einiges zur Auswahl, unter anderem auch Produkte, die speziell für die Bikinizone entwickelt wurde. Beim Durchlesen der Bedienungsanleitung wird einem als Frau Angst und Bang, und es gehört eine große Portion Mut und jede Menge Überwindung dazu, diese chemische Bombe anzuwenden. Liebe Männer, bevor ihr von euren Freundinnen verlangt, dieses Zeug aufzutragen, überlegt euch, ob ihr es auch in der Nähe eures – ja, genau dieses Körperteil meine ich – anwenden würdet (und nein, liebe Männer, ihr wisst selbst ganz genau, dass ein "nein Schatz, das macht mir nichts aus" in Verbindung mit diesem gewissen Blick, den wir so unnachahmlich können, bedeutet, dass es uns sehr wohl etwas ausmacht - und dass ihr das eigentlich wissen solltet und uns deshalb nicht darum bitten dürft). Die Hautreizungen können recht lustige Farbschattierungen annehmen und… es juckt… Auch nicht gerade ladylike, wenn frau sich aufgrund einer allergischen Reaktion tagelang zwischen den Beinen kratzt.

Bleibt also nur noch Heißwachs. Alleine der Gedanke, entblößt vor meiner Kosmetikerin zu liegen (ein Anblick, den sonst nur der Partner oder der Gynäkologe haben), bereitet auch der ung’schamigsten Frau ein gewisses Unbehagen. Von den zu erwartenden Schmerzen mal gar nicht zu sprechen. Die gute Nachricht ist: wenn die Kosmetikerin weiß, was sie tut und flink arbeitet, tut’s gar nicht mal so weh wie frau glauben mag. Nur enge Jeans sollte man danach sicherheitshalber nicht tragen – der John-Wayne-Schritt (breitbeinig, als ob man gerade vom Gaul geklettert wäre) kommt da nicht so gut an.

Aber – wie’s schon unsere Großmütter gewusst haben – „wer schön sein will, muss leiden“, und auch wenn die Schönheit bekanntlich im Auge des Betrachters liegt, in diesem Punkt sind sich wohl alle Männer einig: ausgenommen am Kopf sei das Weib haarlos. Und da wir Frauen ja vor allem euch Männern gefallen wollen, und außerdem sowieso viel besser im Ertragen von Schmerzen sind, tun wir euch den Gefallen.

Lustigerweise sind die Männer nicht immer so entgegenkommend, wenn wir an ihrer Körperbehaarung zu mäkeln beginnen. Es stimmt schon, dass sogar schon Torberg seiner Tante Jolesch ein „was ein Mann schöner ist als ein Aff’, ist Luxus“ in den Mund gelegt hat. Da ihr uns Frauen aber ohnehin nachsagt, dass wir die reinsten Luxusgeschöpfe sind (und wir seit David Beckham metrosexuelle Männer schlichtweg „wow“ finden), ist es ja wohl angesichts der Qualen, die wir uns mehr oder weniger freiwillig antun, wohl nicht zuviel verlangt, wenn ihr nicht jedes Mal dreinschaut, als hätten wir euch einen Ritualmord vorgeschlagen, wenn wir euch ins Ohr flüstern „Schatz, kannst du dich rasch mal rasieren…“.
caro (Gast) - 19. Jun, 15:33

zum thema

liebe drewshine,

ich kenne dein haar und es ist hinreiszend- länge und farbe also geh damit nicht so hart ins gericht -aber ich hätte noch eine frage zum analysieren: warum männer bart cool finden - es gibt oft Bart- träger die drunter so schöne Männer wären ;-)

drewshine - 19. Jun, 21:12

danke schön für dein kompliment bezüglich meines haars - da du ja als haarmodel arbeiten könntest, bedeutet es mir umso mehr *bussi*

warum männer bärte cool finden... vielleicht sind sie zu faul, um sich täglich zu rasieren? oder sie finden die gilette-werbung mit becks nicht metrosexuell, sondern nur schwul?

irgendein mann hier, der die frage kompetent beantworten könnte? we need help!
ing.sid - 19. Jun, 22:41

ich plädiere auf faulheit. oder weiss jemand eine lösung gegen hautreizungen hervorgerufen durchs tägliche rasieren? der ratschlag, nicht gegen den strich zu rasieren ist bei einem "bartwirbel" am hals leider nicht besonders hilfreich... ;-)
drewshine - 20. Jun, 07:20

meine achseln und beine sind "wirbellos", ich kann da also mit keinen kompetenten tipps dienen. zu den hautreizungen: gibt's nicht von clinique & co so tolle after-shave-lotionen, die die haut beruhigen? von nivea gibt es für die zarten frauenbeine eine lotion, die rötungen und reizungen eindämmt, und wenn's das für uns frauen gibt, gibt's sowas sicher auch für männer...
ing.sid - 21. Jun, 20:34

Ja, jede Menge. Aber nichts scheint zu wirken...
drewshine - 5. Jul, 21:19

ich hab noch ein interessantes phänomen beobachtet: bei frauen wird quasi vorausgesetzt, dass wir unser haar wachsen lassen - je länger, desto besser. umgekehrt, sobald die temperatur tagsüber über 20 grad klettert, kommen alle männer mit ihrem "sommerschnitt" (= haarschneidemaschine auf max. 12 mm einstellen und dann runter mit der wolle) daher.

... abgesehen davon, dass dieser "schnitt" den wenigsten passt - wenn wir frauen sagen, wir wollen ein paar zentimeter abschneiden, weil's unter der wolle so heiß ist, droht ihr uns liebesentzug an, umgekehrt ist's ein riesendrama, wenn wir euch bitten, euch nicht dermaßen zu verunstalten.

ist es wirklich zuviel verlangt, wenn wir bei einem mann gerne haben, wenn er auch im sommer zu einem richtigen friseur geht?
Hikari - 19. Jun, 17:00

Oh ja.. das liebe Haar, ich kenne das. ;) Beine rasieren, Achseln rasieren, Bikinizone behandeln lassen oder rasieren. Alles nicht so einfach, super zeitaufwendig, aber was Frau nicht alles macht, um gut auszusehen und den Herren der Schöpfung - und sich selbst - zu gefallen. *kopfschüttel*

drewshine - 19. Jun, 21:13

du hast des pudels kern treffend beschrieben: mir gefällt's ja mittlerweilen auch besser, wenn alles ordentlich aussieht *seufz* - einige dinge werden und wohl wirklich regelrecht "andressiert"...

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