Sonntag, 22. Juli 2007

Hot in the city

Vor einigen Wochen, als der Sommer gerade seinen Einzug in Wien gefeiert hat und wir die ersten 30er begrüßen durften, habe ich mich noch über meine Mitmenschen insgeheim lustig gemacht, die bei schlappen 30 Grad schon aufgeben. Wobei ich mich mittlerweile frage, was diese Leute letzte Woche über so gemacht haben… denn es war einfach nur affig.

Tropentage in Wien. Das heißt so viel wie: nicht unter 25 Grad in der Nacht und weit über 30 Grad am Tag. Zusätzlich Windstille und nicht ein Wölkchen am Himmel, das die Stimmung trübt und ein bissl Schatten spendet. Morgens im Büro hat es bereits 31 Grad, und auch, wenn Klimagerät und Ventilatoren auf Hochtouren laufen, das Einzige, das wir schaffen, ist, dass wir die Temperatur unter 32 Grad halten (oder kann es sein, dass das Thermometer gar nicht weiter anzeigt…?). Dennoch sehen wir die Temperatur eher von der sportlichen Seite her, und rufen, wenn das Thermometer endlich 32 Grad anzeigt „wir wollen die 33 sehen!“ … und nein, ich streite den leisen Hang zum Irrsinn in unserem Office gar nicht ab.

Ganz schlecht ist es in solchen Zeiten, wenn man mitleidheischende Mails in den Freundeskreis schickt – diejenigen, die über voll klimatisierte Büros verfügen, schreiben dann als Antwort „also, ich überlege gerade, mir den Blazer wieder anzuziehen“ oder „wir haben 25 Grad im Büro – sehr fein!“, mitfühlender Trost wird von dieser Seite keiner gespendet (Vorsicht, liebe Freunde: wenn eure Aircondition mal defekt ist, wird mein Spott gnadenlos sein…).

Zu Hause läuft Tag und Nacht der Ventilator (und ja, der gesteigerte Stromverbrauch der letzten Woche ist auch auf mich zurück zu führen), beim Schlafen lasse ich mich kräftig anpusten, auch wenn ich mir damit ordentliche Rückenschmerzen am nächsten Tag einhandle. Es gilt zwei Dinge abzuwägen: schlafen können oder am nächsten Tag nicht die Zähne zusammen beißen müssen – der Schlaf gewinnt bei mir immer und mein Orthopäde reibt sich die Hände, wenn er mich sieht.

Alles geht eine Spur langsamer als gewohnt, ich schütte literweise Wasser in mich hinein und würde meine Seele für ein kühles Fußbad verkaufen. Die berufliche Leistungsfähigkeit sinkt auch, konzentrieren ist bei mehr als 30 Grad kaum möglich, und ich bin sehr froh, dass ich im Augenblick nicht den gewohnten Stress habe, sondern es im Büro auch etwas „gemütlicher“ zugeht.

Gestern habe ich allerdings ein Plätzchen in Wien gefunden, wo ich es die ganze Woche über sehr gut ausgehalten hätte: das Krapfenwaldlbad…

Marlene und ich haben diese Woche beschlossen, dass wir am Wochenende baden gehen. Wobei Marlene mir die Planung unseres Badetages überlässt, da sie selbst aus einem südlichen Bundesland „zuagrast“ ist und sie nach eigener Aussage in Wien noch nie in einem Freibad war. Als Döblingerin gibt es für mich da natürlich nur zwei Möglichkeiten: Hohe Warte oder Krawa.

Ich mag das Krapfenwaldlbad. Weniger, weil sich dort die Haute Voleé der Wiener Gesellschaft herumtreibt, sondern vielmehr, weil man vom Krawa aus die schönste Aussicht über Wien hat. Hier oben am Berg immer ein Lüfterl weht und es lange nicht so stickig ist wie auf Donauniveau. Und weil das Bad nicht über diesen Schnick-Schnack wie Wasserrutsche, Strudelbecken oder Sprungtürme verfügt, und damit auch weniger von Kindern frequentiert wird. Hier kann man wirklich in aller Ruhe schwimmen und in der Sonne liegen.

Marlene und ich sind sportlich-früh um kurz vor 10 Uhr oben am Berg – um diese Zeit ist es noch nicht so heiß und ich habe reelle Chancen auf einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Bades. Außerdem haben wir um diese Uhrzeit auch noch viel Auswahl, was den Liegeplatz betrifft und tatsächlich ergattern wir den Platz unter einem der strohgedeckten Sonnenschirme. Um 10 Uhr sind wir schon im Sportbecken und schwimmen die ersten Längen. Huh, das Wasser ist ziemlich frisch, aber das gehört zu einem Sportbecken ja dazu. Und das Angenehme: es schmeckt nicht sehr nach Chlor.

Nachdem wir den Morgensport absolviert haben, gehen wir zurück zu unseren Plätzen, ich lege mich ein bisschen in die Sonne, da es noch nicht so heiß ist, und Marlene schnappt sich ihr Buch und flüchtet in den Schatten. Ich genieße es, in der Sonne zu liegen und langsam vor mich hin zu trocknen. Um uns herum liegen sehr viele junge Leute, und viele der Frauen tun das, wofür das Krapfenwaldl früher so „berüchtigt“ war – sie liegen „oben ohne“ in der Sonne (schließlich war das Krawa ja das erste Bad, das den Damen „oben ohne“ gestattet hat). Diese Tatsache hat in den sehr frühen 80er Jahren ja sogar Rainhard Fendrich zu seinem Sommerhit inspiriert. Heutzutage kräht allerdings kein Hahn mehr danach, und ich gebe zu – auch ich hasse es, wenn ich den ganzen Sommer über die Streifen von meinem Bikini an allen möglichen Stellen habe.

Gegen 11 Uhr halte allerdings auch ich es nicht mehr in der Sonne aus und flüchte unter den Sonnenschirm. Und mache dort eine interessante Feststellung: unter dem Sonnenschirm ist es …frisch! Mich fröstelt! Wenn mir das jemand am Dienstag gesagt hätte – ich hätte Handy und Laptop geschnappt und wäre zum Arbeiten ins Bad gefahren! Oder zumindest intensiv über diese Möglichkeit nachgedacht… Ich liege unter dem Schirm, döse etwas vor mich hin und genieße den Geruch nach Wiese und Sonnencreme, der hier überall in der Luft hängt.

Kurz nach Mittag trippeln Marlene und ich wieder Richtung Becken. Auf dem Weg dorthin kommen wir an einer Gruppe von Jugendlichen vorbei, wie alt werden sie sein, so 17 bis 19 – Burschen wie Mädchen, sie liegen in der prallen Sonne und zischen sich ein Bier nach dem anderen hinter die Binde. Komatrinken auf der Liegewiese in der prallen Sonne, mich wundert nicht mehr, warum wir so viele Badeunfälle haben… Über soviel Unvernunft kann man nur noch den Kopf schütteln.

Gegen 15 Uhr siegt bei Marlene und mir die Vernunft und wir packen unsere Sachen und machen uns auf den Weg vom Berg wieder runter. Ich habe mein Vorhaben – keinen Sonnenbrand zu bekommen – nicht umsetzen können, mein Rücken leuchtet in einem zarten Rosa. Aber das ist nicht so schlimm, das vergeht wieder. Und ich fühle mich den übrigen Tag noch herrlich erfrischt…

Samstag, 14. Juli 2007

Let me entertain you

Das Internet – eine grandiose Erfindung, sei es zum Kommunizieren, zum Informieren oder schlichtweg zum Shoppen. Mein Lieblingsmoderator hat es eines schönen Junimorgens mal trefflich wie folgt formuliert „Es gibt nichts unverbindlicheres als das Internet, das trotzdem die Menschen verbindet“.

Eine weitere tolle Erfindung des Internet sind Weblogs, und auch ich schreibe ja seit einigen Monaten mehr oder weniger regelmäßig eine Kolumne. Wobei ich natürlich in das Dilemma komme: wenn in deinem Leben grad nix aufregendes passiert, was schreib’st… Wenn der Fundus an Altlasten schon ziemlich ausgelutscht ist und man sich keine Story aus der Nase ziehen möchte, bleibt wohl nur noch eines: schreib über Alltagsdinge, die dir so passieren.

Freitagabend und nichts vor. Der geplante Theaterabend mit Marlene ist ins Wasser gefallen, und anstatt, dass ich Karlheinz Hackl in „la cage aux folles“ genieße, sitze ich daheim und langweile mich. In diesen Fällen greife auch ich zum Ablenkungsmitteln Nr. 1 – dem Fernseher. Auch wenn mich das Programm so überhaupt nicht reizt – das Finale von „Dancing Stars“, na, bitte net… Aber unverhofft kommt oft, und ich schlage an diesem Abend quasi zwei Fliegen mit einer Klappe: ich amüsiere mich gut und werde zusätzlich von der Muse geküsst.

Ich gebe zu, beim Schreiben habe ich mich schon gefragt, wie’s wohl wäre, wenn unser Vizedancingstar den Artikel liest. Würde er wohl darüber schmunzeln? Würde er den Link zu meiner Seite wohl an seine Freunde weiterschicken? Und wohl die Gretchenfrage: würde ich all dies je erfahren…

Womit ich – zugegeben – nie gerechnet hätte, ist, dass ich grad mal zwei Tage, nachdem ich die Geschichte online stelle, einen Kommentar von einem Peter bekomme. Nach einem langen Bürotag sitze ich gegen 21 Uhr zuhause, starre 10 Minuten lang den Monitor an und denke nur: das gibt’s ja nicht, da verarscht dich wer. Ich lese mir den Kommentar wohl hundert Mal durch, als mir endlich das PS mit dem Link zur Homepage ins Auge sticht. Wenn mich jemand rollen wollte, warum dann den Link dazu schreiben… Also surfe ich zu der site – ah ja, da ist auch ein „Kontakt“-Button. Ich überlege einige Minuten, ob ich wohl soll oder nicht, denke mir dann aber „wenn das wirklich nur ein Fake war, dann denkt er sich nur ‚wer ist die Tussi?’ und das wars“. Also schreibe ich eine kurze Nachricht, sammle nochmals allen Mut zum Risiko zusammen und clicke auf „Absenden“. Und widme mich wieder meinem Posteingang. Einige Minuten später plingt eine Nachricht in meinem Postfach hoch. Inhalt „du bist ja eine Schnelle, was machst du so im richtigen Leben?“. Absender: eine mailadresse des Rundfunks.

… das ist der Moment, indem ich feststelle: das war kein Fake… Ja, die Erkenntnis kann einen manchmal wahrlich wie eine Dampfwalze überrollen. Ich würde lügen, würde ich nun schreiben „nachdem ich mich eine Zehntelsekunde von meiner Überraschung erholt hatte, habe ich einige unglaublich witzige und geistreiche Antwortmails geschrieben“. Man kann mich nicht leicht überraschen, aber wenn es mal jemanden gelingt, dann hält dieser Effekt eine zeitlang an. Trotzdem schaffe ich es quasi im Reflex, einige Antwortmails zu schicken.

Danach schwebe ich eine Woche lang wie auf Wolken: ein Promi liest mein Blog und möchte mich daraufhin sogar kennen lernen. Und sonne mich in meinen drei Minuten Berühmtheit – obwohl ich mich ansonsten gar nicht für Promis interessiere: die Seitenblicke? Yellow-Press? Mausi und Mörtel? Interessiert mich alles nicht. In dieser Woche bekomme ich viele mails von Freunden, die mein Blog lesen und die mich in Sachen „Klatsch und Tratsch mit Peter L. Eppinger“ updaten. Wow, eine interessante Feststellung: so cool meine Freunde sonst sind, aber jeder kennt mindestens ein G’schichtl über den Eppi – sie haben doch alle ein Faible für Promis… Eine meiner Freundinnen stellt die eine-Million-Euro-Frage: und wann trefft ihr euch? Ah ja stimmt, darauf hab ich in meiner Aufregung ganz vergessen…

Nach rund einer Woche schicke ich ein mail, wo ich mich erkundige, ob das mit dem Cocktail eigentlich noch aktuell. Und rechne eigentlich nicht mit einer schnellen Antwort. Aber zwei Tage später ist schon die Antwort da, ob wir einander nicht in der folgenden Woche auf eine Stunde treffen wollen. Das klingt ja sehr aufregend – warum eigentlich nicht!

Ich rufe also Caro an und frage sie, ob wir uns am Samstag zum Frühstücken in der Stadt treffen können, damit wir dann noch ein Bisschen shoppen gehen. Und die Beste aller Freundinnen stimmt dem natürlich gerne zu.

Am Samstagmorgen rufe ich nochmals meine mails ab und wundere mich, warum der Download so ewig dauert. Und dann ist da ein mail vom Eppi, als Betreff „schnapp deine beste Freundin (Caro?) oder wen auch immer…“ und als Text „… und vielleicht möchtest ja auch kommen?“. Ich starre den PC an und denke mir „Häh? Was will mir der Künstler damit sagen?“. Endlich sehe ich, dass da noch ein Attachment dran hängt. Ich öffne das Word-Dokument und…

Ottakring feiert seinen Dancing King! Bezirksvorsteher Franz Prokop bittet zum „Tanz“ auf den Gerstenboden der Ottakringer Brauerei. Es freuen sich Peter L. Eppinger und Franz Prokop.

Meine erste Reaktion ist „na, aber sicher nicht…“. Ich überlege, ob ich mich über die Einladung freuen soll oder aber nicht. Aber da ich mich ohnehin gleich mit Caro treffe, drucke ich das mail plus die Einladung aus, packe beides in die Tasche und fahre zum Café Mozart. Als Caro dort endlich eintrifft, lege ich ihr mit den Worten „liebe Caro, wir wurden eingeladen“ den Packen Papier auf den Tisch. Caro liest aufmerksam die Zeilen und ich merke, wie sehr sie sich beherrscht, um nicht laut loszulachen. Als sie fertig ist mit dem Lesen, ist die Stille am Tisch unerträglich. Ich sehe, dass Caro gerade dabei ist, ihre Gedanken zu ordnen und komme ihr mit einem „was sagst du dazu?“ zuvor. Dieser Satz bricht endlich die Stille zwischen uns und wir beginnen lauthals zu lachen. Nachdem wir kurz die wichtigen Fragen wie „wo ist Ottakring eigentlich?“ und „brauchen wir dafür ein Visum?“ geklärt haben, beginnen wir, die Einladung akribisch zu analysieren. Wir sind uns sofort einig, dass diese Nachricht signalisiert „ich würde dich gerne mal sehen, aber nimm’ dir wen mit, damit dir nicht langweilig wird, weil viel reden werde ich nicht mit dir können“. Zwischen ein paar Kicheranfällen sage ich auch zu Caro „ich geh dort nicht hin“. Caro hingegen findet, dass das sicher lustig ist und dass ich da unbedingt hingehen muss. Ich versuche, zu punkten, indem ich ihr sage „du weißt doch, wenn ich dorthin gehe, dann musst du auch dorthin – und ich weiß, dass du das nicht willst…“. Auf alle Fälle haben wir schon lange nicht mehr so viel bei einem Treffen gelacht. Als wir dann zum Shoppen aufbrechen, bin ich ein ganz armer Tutu, weil Caro mich in hunderte Kleider und Röcke zwingt, immer mit einem „das würde beim Tanzen aber besonders hübsch schwingen“ und einem kleinen Kichern begleitet.

Ich mache gute Miene zum bösen Spiel und hoffe, dass Caro sich bald wieder beruhigt und ich wieder von der Schaufel runter steigen kann. Irgendwann kurz vor Mittag – als wir schon eine halbe Stunde nicht mehr gekichert haben – schlendern wir mit einem Iced Mocca Macchiato durch die Innenstadt und kommen am Schanigarten vom Tirolerhof vorbei, in dem Kelly und Andy Kainz sitzen und angeregt miteinander plaudern. Ich zucke mit keiner Wimper und schicke einige Stoßgebete gen Himmel „bitte mach, dass Caro die zwei grad nicht gesehen hat“. Aus dem Augenwinkel sehe ich allerdings, dass Caro gerade gegen einen heftigen Lachanfall kämpft, kaum, dass wir um die Ecke sind, beginnt sie lauthals zu lachen – und ich stehe schon wieder auf der Schaufel…

In der Woche darauf redet Caro mir wie einem kranken Pferd zu, dass wir dort unbedingt hin gehen müssen. Ich bin ja auch zugegeben ein neugieriger Mensch, also mache ich das, was jeder wohl in dieser Situation machen würde: ich google die Key-facts der Einladung. Und stelle fest, dass man im ganzen Internet nichts zu dieser Veranstaltung findet. Und beginne mich darüber zu freuen, dass ich eingeladen wurde. Aber ich möchte nicht, dass ich zu „offensichtlich“ dort bin – mein Plan ist also, dass ich beim Veranstalter anrufe und Caro und mich unter Caro’s Namen anmelde, damit ich nicht auf der Gästeliste aufscheine – und wenn es ein Fiasko ist, kann ich ungesehen wieder verschwinden. Ich rufe also beim Magistrat an, habe dummerweise die Angewohnheit, dass ich mich am Telefon mit vollem Namen melde, die Telefonistin zwitschert „können sie ihren Familiennamen bitte nochmals buchstabieren“… Also nix mit inkognito. Und da es eh schon wurscht ist, schicke ich ein kurzes mail an Peter mit „danke für die Einladung, Caro und ich kommen gerne“ und bekomme ein „sehr fein, dann sehen wir einander dort“ zur Antwort.

Caro jubelt, als ich ihr das mail vorlese „na schau, ihr werdet euch dort kennen lernen“. Ich sehe die Geschichte zugegeben skeptischer: es werden ein paar hundert Leute dort sein, er wird permanent von Menschen umringt sein und ist zudem Gastgeber – ich habe außerdem nicht vor, mich um ein Autogramm anzustellen, ergo werden wir uns im selben Raum aufhalten aber nicht miteinander sprechen.

Und irgendwann ist dann der D-Day da… Ich werfe mich zur Feier des Tages in einen schwarz-weiß gemusterten Rock, ein schwarzes Top (schwarz macht ja bekanntlich schlank) und ziehe mir meine Lieblings-Heels von Hugo Boss an. Caro holt mich von zuhause ab und ist begeistert. Kurz nach 15 Uhr sind wir in der Ottakringer Brauerei, wir betreten den Gerstenboden, und direkt hinter der Stiege posieren Peter und Julia Polai für einen Fotografen. Fast wäre ich in die beiden reingelaufen, zum Glück kann ich gerade noch rechtzeitig abbiegen, denn mich hat gerade mittel der Schlag getroffen: Peter trägt Tracht. Eine knielange Lederhose und dazu knielange cremefarbene Stutzen. Perfekt – Großstadttussi trifft Alm-Öhi, ich wusste, warum ich dort nicht hin will. Caro flüstert mir zu „er ist grad da vorne gestanden“ und ich bring nur ein „hast die Stutzen gesehen?“ raus… Ok, Flucht nach vorne, in unserem Fall Richtung Bar. Die Bar hat einen großen Vorteil: man hat immer was zum Trinken in der Nähe und sie ist weit, weit weg vom Geschehen. Und mein Unbehagen steigt: es sind Unmengen an Fotografen im Raum, zusätzlich ist ein Kamerateam vom ORF auch dort. Ich will einfach nur noch weg.

Es folgt eine kurze Ansprache vom Bezirksvorsteher und dann auch eine kleine Rede von Peter L. Eppinger, wo er auch auf eine kleine Tombola hinweist. Caro hat natürlich nichts Besseres zu tun, als meinen Namen auf ein Los zu schreiben. Ich flüstere „ich hoffe für dich, dass ich nicht gezogen werde“. Als Peter Richtung Bar flitzt, um die Tombolageschenke zu holen, läuft er an uns vorbei und schenkt Caro einen babyblauen Luftballon. Caro fasst den Plan „den gebe ich ihm heute noch zurück, dann muss er mit uns reden“. Und das Universum meint es auch gnädig mit mir, und mein Name wird bei der Tombola nicht gezogen.

Caro redet mir ständig zu „komm, lass uns hingehen und mit ihm reden“. Ich vertrete aber stur die Ansicht „mein Part war, dass ich hierher komme. Es war nicht vereinbart, dass ich ihn anspreche – er hat ein Foto von mir im Internet gesehen, das muss reichen, um mich zu erkennen. Und wenn es nicht sein soll, dann ist’s eben nicht.“ Irgendwann ist es Caro zu mühsam und sie meint „redest du noch mit mir, wenn ich ihn hierher hole?“. „Aber natürlich rede ich noch mit dir“ sage ich und denke mir „er ist von Menschen umringt – er wird nicht her kommen“. Caro schnappt ihren blauen Ballon und marschiert auf die Gruppe los, in deren Mitte Peter steht. Von meinem Platz aus kann ich wohl Caro beobachten, aber ich sehe Peter nicht. Ich sehe, dass Caro mit jemanden spricht, sehe dann, dass sie jemand den Ballon in die Hand drückt. Und dann sehe ich, dass sich dieser babyblaue Ballon auf mich zu bewegt…

Damit habe ich natürlich nicht gerechnet, und ich bin mir sicher, dass mir die Überraschung überdeutlich ins Gesicht geschrieben ist. Zusätzlich bekomme ich fast kein Wort heraus (die zweite Überraschung – blöd reden ist bei mir bis jetzt in jedem Fall gegangen) und all die witzigen Dinge, die mir normalerweise in solchen Situationen zu hunderten einfallen, sind einfach nur weg… Ich schaffe es gerade, ein, zwei zusammenhängende Sätze hervorzuwürgen, bis unser Gastgeber wieder von seinen Pflichten eingeholt wird und er zum nächsten Tisch eilt.

Caro und ich stehen noch ein bisschen in der Gegend rum und beobachten die Szene. Irgendwann läuft der Bezirksvorsteher an uns vorüber und übergibt einer Zapferin das Trinkgeld für die Angestellten. Am Rückweg bleibt er bei uns stehen und erzählt uns, dass es ohnehin besser ist, wenn man(n) einer Frau das Trinkgeld gibt, weil Frauen ohnehin mit Geld besser umgehen können. Caro meint „das ist ja schön, dass sie das auch so sehen“, woraufhin uns der Bezirksvorsteher zuzwinkert und meint „wir Frauen müssen ja zusammen halten“. Caro und ich lachen artig über seinen Witz und er zieht glücklich von dannen. Ich bemerke trocken: „soviel Mühe hat er sich gegeben, und dabei nicht eine Wählerstimme lukriert“…

Gegen 18 Uhr verlassen Caro und ich die Party. Ich überlege, wie anstrengend es sein muss, wenn man berühmt ist: man muss zu allen Leuten nett und freundlich sein, wird permanent von Allen angesprochen und jeder glaubt, dass er dein Freund ist. Ich bin unendlich froh, dass mein Leben in Wahrheit so ruhig und beschaulich ist, und dass sich niemand drum schert, ob ich nun ungeschminkt und unfrisiert einkaufen gehe und mit wem ich essen gehe. Aus dem Cocktail mit Peter ist übrigens nichts geworden, aber der Volksmund sagt ja so schön: man trifft jeden Menschen zweimal im Leben.

… ups, ist diesmal etwas länger geworden, um nicht von ep(p)ischer Länge zu sprechen...

Montag, 9. Juli 2007

Ladies' night

Geburtstagsfeiern können etwas unglaublich Ödes sein – besonders, wenn sie unter einem speziellen „Motto“ stehen. Entweder, man beraubt die Gäste jedweder Individualität, indem man sie in eine Kleiderordnung zwängt (à la „Black and White“ oder „Hawaiianischer Abend“ – von Togaparties spreche ich da gar nicht) oder man verordnet ein kollektives Lustigsein in Richtung Gesellschaftsspiele gehend… Ich finde Parties mit einem Motto schlichtweg schrecklich.

Ulrich verpasst seiner Geburtstagsparty auch ein Motto: „alle-tollen-Singlefrauen-die-ich-kenne-werden-verkuppelt“ – meine überschäumende Begeisterung kann sich jeder lebhaft vorstellen, vor allem, wo ich doch ein stadtbekannter Feind von irgendwelchen Kuppelveranstaltungen bin. Wobei ich Ulrich eines zugute halten muss: seine Parties sind schon im Vorfeld irre lustig. Ich erinnere mich, dass wir heuer im Frühjahr zum ersten Mal über diese Party gesprochen haben. Er hat mich regelrecht interviewt, was ich an einem Mann toll finde und welche Eigenschaften „Mr. Right“ für mich haben muss und – er hat sich Notizen dabei gemacht… Recherchieren kann er, das muss der Neid ihm lassen. Er schwärmt mir auch von seiner Idee vor, eine Junggesellenauktion durchzuführen – der Erlös soll an seine Putzfrau gehen, die solange für ihn arbeitet, bis sie sich ein Haus auf den Philippinen leisten kann. Ich werfe ein „der Vorsatz, deine Putzfee zu sponsern, ist ein herer, aber ich finde eine Junggesellenauktion ist etwas erniedrigendes“. Ulrich sieht das Ganze lockerer und meint „ach Julia, die Jungs halten das schon aus, die stellen sich gerne mit entblößtem Oberkörper vor euch Frauen“. Eilig korrigiere ich „nicht für die Jungs erniedrigend – für uns Frauen! Ich möchte, dass ein Mann einen Abend mit mir verbringt, weil ich die umwerfendste und hinreißendste Frau für ihn auf dieser Party bin – und nicht, weil ich dafür bezahlt habe, dass er nett zu mir ist!“. Das Argument sitzt und ich ringe Ulrich das Indianerehrenwort ab „keine Junggesellenauktion“. Damit die Putzfrau dennoch zu ihrem Haus kommt, wird ein Spendenkonto eingerichtet.

Auch sonst sind wir, Ulrichs Freunde, stets in die Partyplanung eingebunden: ständig kommen irgendwelche SMS, zum Beispiel mit „ich suche ein witziges Wort für geistreich und wortgewandt“ ohne, dass frau weiß, wofür Ulrich das gerade braucht. Ich smse einfach „goschert?“ zurück und frage mich, ob ich den tieferen Hintergrund dieser Aktion wohl in diesem Leben noch erfahren werde und ob meine Antwort wohl zur Fragestellung paßt.

Auch am Vornachmittag der Party können wir Ulrich noch helfen, indem wir die von ihm ausgewählten Singlemänner auf Herz und Nieren testen – von den 50 angekündigten Herren kreuzen zwar lediglich 9 auf, aber mit diesen Neun verbringen wir einen irre lustigen Nachmittag, meiner Meinung nach ist es unmöglich, diesen Spaß am Abend noch zu toppen.

Ulrich nimmt die Sache mit dem Spaß allerdings todernst und ich bin beeindruckt, was er alles auf die Füße gestellt hat, um seinen Gästen eine fulminante Feier zu bieten: ein Digeridoo-Spieler, eine lebende Statue, eine Dame, die nach eigener Auskunft von der Venus kommt und Namenshoroskope erstellt, und Gerüchten zufolge treiben sich auch die Bandmitglieder der berühmt-berüchtigten Metalband Ded Paradeis auf dem Gelände herum – da fühlt frau sich doch gleich so richtig als Groupie…

Vorher muss jedoch noch ein bisschen mitgearbeitet werden – die Jungs, die am Nachmittag den beinharten Lovertauglichkeitstest absolviert haben, müssen noch mit ihrem Stempel versehen werden, der ihnen das Anbandeln bei den Damen erleichtern soll: ah ja, nun sehe ich auch, wofür Ulrich meine Wortspende benötigt hat – auf einem dieser Stempel steht in Großbuchstaben „goschert“, jetzt wird mir alles klar. Nach getaner Arbeit versuche ich mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Nein, nicht das Sondieren der zahlreichen Singleherren wie alle nun denken mögen, ich funktioniere viel simpler… ich bin auf der Suche nach der Bar.

Bei der Bar treffe ich drei meiner Nachmittagsjungs, und ich tue das, was ich am Allerbesten kann: ich sekkiere die Herren so lange, bis es einem zu dumm wird und er mir einen Drink mischt. Puh, auf den Cocktail wirst ja blind, der besteht ja nur aus purem Alkohol. Naja, betrachten wir es positiv: braucht man weniger von dem Zeug, um glücklich zu werden…

Nach einem ausgiebigen Blick in die Runde orte ich einige vertraute Gesichter und geselle mich zum Small-Talken zu ihnen. Dann muss natürlich auch die Venusierin getestet werden und ob das Namenshoroskop auch etwas kann – ich bewundere den Mut dieser Frau: ich würde nie im Leben knallblau bemalt bei einer Party herumlaufen und wenn ich auf die Frage nach dem Geburtsjahr die Antwort „’74“ bekomme, nachhaken „ich nehme an, du meinst 1974, wir auf der Venus haben ja eine ganz andere Zeitrechnung. Ich muss das präzise eingeben, sonst irren sich die Kolleginnen oben“.

Um 22 Uhr beginnt ein weiteres Highlight der Party: Ulrich hat einen Raum für Speed-Dating hergerichtet. Ich halte nicht sehr viel vom Speed-Daten, seitdem ich in einer Folge von Sex & the City gesehen habe, dass Frauen sich bei solchen Veranstaltungen eher „downgraden“ müssen, um eine Verabredung zu bekommen, wohingegen sich die Männer eher „upgraden“. Ich stelle aber fest, dass ich so ziemlich die Einzige bin, die eine Abneigung gegen’s Speed-Dating hat, denn der Raum ist stets bummvoll und die Leute amüsieren sich sichtlich dabei.

Kurz nach Mitternacht bestätigt sich das Gerücht: Ded Paradeis ist tatsächlich auf der Party anwesend und einige Bandmitglieder schwingen eine Rede, die sie mit der Bitte beenden, wir mögen doch unsere Stimme einem höheren Zwecke widmen – es seien Mikrofone im Raum aufgestellt, und wir sollen – so, wie es sonst nur auf Konzerten üblich ist – etwas rufen. Nun ja, auf Konzerten ruft das Publikum in der Regel „Zu-ga-be“, wir sollen „Pa-ra-deis“ brüllen. Kein Problem, das können wir – lautstark schreien wir die Halle des Springer Schlößl’s zusammen.



Ich bin an diesem Abend gezwungen, meine Meinung über Parties mit Motto zu revidieren – eine Party hängt nicht vom Motto ab, sondern sie lebt und stirbt mit ihrem Gastgeber – in diesem Sinne, lieber Ulrich: Chapeau vor dem, was du da auf die Beine gestellt hast. Deine Party war ein Riesenerfolg, und ich freue mich schon jetzt auf die nächstjährige Party mit Motto – was das angeht, bin ich nun bekehrt und zu jeder Schandtat bereit – wenn alle Stricke reißen würde ich mich sogar in ein Hawaiihemd werfen.

Ach ja, ich hab auf dieser Party sogar jemanden kennen gelernt – ein ganz ein witziges Mädel, mit der ich herrlich die Leute ausstallieren konnte…

Donnerstag, 5. Juli 2007

Traffic

Autofahren kann mitunter in Wien ein rechtes Abenteuer sein. Meiner Meinung nach sollten ja nur jene Leute in Wien fahren dürfen, die auch in Wien den Führerschein gemacht haben. Mag sein, dass das jetzt bundesländerdiskriminierend von mir ist, aber abgesehen davon, dass die Nicht-Wiener grundsätzlich durch die Straßen schleichen, den Verkehr aufhalten und grundsätzlich einfach nur stören, macht es mich krank, wenn halb Wien-Umgebung, Korneuburg und Krems der Ansicht ist, dass sie mit dem Auto zur Arbeit nach Wien pendeln müssen. Noch kränker macht mich die Tatsache, dass diese Leute dann alle vor meiner Haustüre im 19. parken müssen, weil der 19. Bezirk ja noch kein Parkpickerl hat. Blöd für uns Anrainer, wenn wir vielleicht mal Urlaub haben und dann wie ein Satellit den Häuserblock umkreisen müssen, um irgendwann nach einer dreiviertel Stunde einen halben Kilometer entfernt endlich einen raren Parkplatz zu ergattern.

Aber auch, wenn man als Autofahrer in Bewegung ist, ist Wien in diesem Bereich „anders“. Jeder hat es eilig, alle anderen Trottel haben den Führerschein sowieso im Lotto gewonnen und die Kieberer haben ja auch alle Paradeiser auf den Augen. Alles drängelt und auch wenn die Ampel schon dunkelgrün zeigt, fährt jeder noch in die Kreuzung ein – wenn man sich als Autofahrer mal an den Grundsatz „in die Kreuzung nur dann einfahren, wenn man sie auch bei grün noch verlassen kann“ hält, kann zu Stoßzeiten im besten Fall mit einem ohrenbetäubenden Hupkonzert rechnen – im worst case kann’s auch passieren, dass der Fahrer hinter einem selbst aussteigt und mal freundlich den Geisteszustand überprüft.

Aber in Zeiten von Klimaerwärmung und Aktionen wie Live Earth ist es ohnehin besser, den Spritschlucker stehen zu lassen und mit den Öffis zu fahren. Zumindest predigen uns das unsere Stadtpolitiker regelmäßig, und heben gleichzeitig wieder mal die Tarife kräftig an – der autobesitzende Öffifahrer ist sozusagen die doppelte Melkkuh. Aber was tut man nicht alles, um Umwelt und Nerven zu schonen.

Auch ich gehöre zu jenen braven Menschen, die in der Früh und am Abend die Wiener Linien benützen. Und die U-Bahn hat ja auch einen unbestrittenen Vorteil: man kann ungestört iPod hören und kann sich in der neuesten U-Bahn-Zeitung das Horoskop und den Garfield-Cartoon durchlesen. Leider ist die U-Bahn-Zeitung so dünn, dass man grad nur für die Fahrt ins Büro eine geeignete Lektüre hat, am Weg zurück muss man sich damit begnügen, die Mitfahrenden zu beobachten oder einfach aus dem Fenster zu starren. Doch seit Neuestem bin ich dahinter gekommen, dass die Wiener U4 durchaus eine Attraktion hat – einen U-Bahn-Fahrer.

Bis vor kurzem war ich immer der Meinung, dass nur jene Menschen diesen Beruf wählen, die mit möglichst wenig anderen Menschen in Kontakt kommen oder gar reden wollen. Man sitzt den ganzen Tag in seinem Führerhäuschen abgeschottet von der Umwelt und düst wie ein motorisierter Maulwurf durch die Tunnels. Und bis auf das berühmte „Zugfäahtab“ muss man nichts sagen – vielleicht ab und zu mal ein „einsteigen bitte“ oder ein „zuuuurücktreten“. Nichts, was einen umfangreichen aktiven Wortschatz voraussetzt – von Humor, Sarkasmus oder gar Zynismus ganz zu schweigen.

Eines Tages höre ich zufällig am Abend eine Durchsage, dass der Fahrer die Fahrgäste darauf aufmerksam machen möchte, dass das Inlineskaten oder Tretrollerfahren in der U-Bahn und am Bahnsteig tunlichst unterlassen werden sollte, da man sich dabei ziemlich übel verletzen kann. Eines anderen Tages höre ich wieder diese Stimme, die sagt, dass man doch bitte auch andere Waggons außer dem Ersten und dem Letzten verwenden soll – und mir fällt der leicht sarkastische Unterton in der Stimme des Fahrers auf. Ich mag Sarkasmus und beginne zu lächeln.

Immer wieder, wenn ich mit der U4 so zwischen 17 und 18 Uhr fahre, höre ich in regelmäßigen Abständen „meinen“ Fahrer, der zu allen möglichen und unmöglichen Themen seinen Senf dazu gibt – und ich ertappe mich sogar manchmal, dass ich – wenn ich in die U-Bahn einsteige – mich frage, ob ich heute wohl wieder eine Ansprache hören werde.

Auch gestern schaffe ich es mal etwas zeitiger (also zwischen 17 und 18 Uhr) aus dem Büro raus. Und bis zur Station Schwedenplatz herrscht Stille. Am Schwedenplatz drängen sich wieder mal Unmengen an Menschen, die alle in den ersten Waggon hineindrängen. Die Türen schließen sich und der Zug rollt los.

Plötzlich die gewohnte Stimme „für diejenigen unter den Fahrgästen, die es vielleicht noch nicht wissen: ein U-Bahn-Zug hat auf einer Länge von 100 Metern 6 Waggons und 18 Türen. Aus Effizienzgründen wäre es sinnvoll, wenn man sich beim Einsteigen nicht nur die ersten drei Türen aussuchen würde, sondern vielleicht auch in die hinteren Waggons vordringen würde. Da könnte man die ungewohnte Erfahrung machen, dass man sich nicht mit 60 Gleichgesinnten auf einer Plattform drängen muss, sondern dass man etwas Luft zum Atmen hat. Vielleicht mag dem Einen oder Anderen dieses Konzept der Wiener Linien – Züge mit mehr als einem Waggon zur Verfügung zu stellen -, das die Wiener Linien seit den 80er Jahren hartnäckig verfolgen, noch nicht bewusst sein. Ich gebe ihnen den guten Rat – denken sie langfristig, das tun die Wiener Linien nämlich auch, und ich verspreche ihnen, dass sich die Länge des Zuges in den nächsten Jahrzehnten nicht wesentlich ändern wird“. Der halbe Waggon beginnt zu grinsen.

Nach der Station Schottenring die nächste Ansage „es mag sein, dass sich mancher Fahrgast denkt: wenn ich vorne einsteige, spare ich mir beim Aussteigen Zeit und muss nicht mehr so weit gehen. Ich gebe ihnen den Rat – versuchen sie es mal. Sie werden nämlich feststellen, dass wir in Wahrheit Zeit gewinnen werden. Wenn alle nicht nur bei den ersten drei Türen einsteigen, haben wir nicht so lange Aufenthalte in der Station und können viel rascher weiterfahren.“ Der Waggon lacht bereits.

Nach der Rossauer Lände (Himmel, heute ist er echt gesprächig) die dritte Ansage: „Ja, es mag schon sein, dass ich es vielleicht auch 20, 50 oder 100mal versuchen würde, bis ich feststellen würde ‚vielleicht ist doch etwas dran, was der Typ da vorne quatscht’ – seien sie mutig und gehen sie das Risiko beim nächsten Mal einfach ein“.

Abgesehen von der Tatsache, dass man mittlerweile beim U-Bahn-fahren etwas lernen kann (wie Zuglänge, Anzahl der Türen usw) wird man auch tatsächlich gut unterhalten (ich ziehe vor diesem Meister des bösen Sarkasmus meinen Hut). Und für’s Kabarett zahlt man bekanntlich ja auch Eintritt – in diesem Sinne war die letzte Gebührenerhöhung wohl wirklich gerechtfertigt, ich hoffe lediglich, dass der Fahrer, der die Fahrgäste so trefflich zu verarschen versteht, dies auch auf seinem letzten Lohnzettel mit einer Lohnerhöhung honoriert bekam.

Sonntag, 1. Juli 2007

Don't judge a book by its cover

Mein Freund Ulrich ist für alle Dummheiten dieser Welt zu haben – mehr noch, ich habe beinahe das Gefühl, als ob er es als Herausforderung betrachtet, seine letzten Aktionen noch mehr zu übertrumpfen um sich selbst ein Denkmal zu setzen. Mit seinem letzten Geniestreich hat er sich allerdings selbst den Meistertitel verliehen und ich bin schon sehr neugierig, ob er es in diesem Leben noch schafft, das zu toppen.

Nach seiner eigenen Aussage findet Ulrich es faszinierend, wie viele unglaublich tolle Frauen er kennt, die sein Leben bereichern und er versteht es überhaupt nicht, warum all diese schönen, intelligenten, witzigen und schlichtweg umwerfenden Frauen alle Single sind. Also hat er anlässlich seines Geburtstages eine „alle-tollen-Singlefrauen-die-ich-kenne-werden-verkuppelt“-Party geplant. Der Plan dahinter ist der: Ulrich versucht, die 50 tollsten Singlemänner in Wien aufzutreiben (entweder jene, die er schon kennt oder jene, die ihm von diesen tollen Frauen empfohlen wurden), um diese dann einem beinharten Lover-Tauglichkeits-Test zu unterziehen. Überprüft werden sollen Intelligenz, Sportlichkeit, Lover-Tauglichkeit und Schlagfertigkeit. Um dies zu überprüfen benötigt Ulrich natürlich eine unparteiische Jury. Tja, und nun ratet mal, wer in dieser Jury saß…

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag kommt ein mail von Ulrich, dass er noch 2 Jurydamen benötigt, die all die unglaublich tollen, charmanten und perfekten Singlemänner auf Herz und Nieren testen sollen. Caro, die gerade beruflich außerhalb von Wien ist, ist begeistert und meint „du musst unbedingt in dieser Jury sitzen, stell dir vor, du kennst alle Kandidaten schon im Vorfeld und kannst mir dann die Witzigsten und Interessantesten vorstellen.“. Ja, eine sehr gute Idee. Meine Motive sind eindeutig trivialer. Da ich von solchen Kuppelveranstaltungen recht wenig halte (Speed-Dating? Man reiche mir ein Kruzifix und einen Bund Knoblauchzehen…), denke ich mir „gute Idee, wenn ich in der Jury sitze, bin ich automatisch die Böse, und die Jungs haben kein Interesse mehr an mir – und ich kann mich an dem Abend stilvoll betrinken und die Leute beobachten…“. Also gesagt, getan, ich zücke mein Telefon und sage Ulrich zu.

Die Lover-Tauglichkeits-Tests finden bereits am Samstagnachmittag statt. Eine gute Idee, dann können die Herren vor der eigentlichen Party noch duschen und sich frisch machen. Meine Mitjurorinnen sind Viktoria und Miriam, beide ein paar Jahre jünger als ich. Ulrich erklärt uns die Tests: zuerst sollen die Herren einen Intelligenztest ausfüllen, danach kommt die Sportprüfung, dann der Lover-Tauglichkeitstest und zum Schluss müssen wir Mädels die Eloquenz der Junggesellen überprüfen.

50 Singleherren, die sich unserem beinharten Urteil unterwerfen… schon eine tolle Vorstellung. An der Prüfung nehmen allerdings nur neun Kandidaten teil, 50 % davon unter meinem Alterslimit und die anderen 50 % darüber. Na, passt eh… Ulrich verteilt die IQ-Tests und wir Mädels nützen die Zeit für ein Pläuschchen. Mit dem Zeitlimit von 20 Minuten kommt allerdings keiner der Herren aus, also wird die Strategie geändert: derjenige, der als Erstes fertig ist, gibt das Signal zum Abgeben. Nach 30 Minuten ist der Erste fertig, und wir sammeln die Tests ein und werten aus. Da nur neun Herren teilnehmen, entscheiden wir, dass die besten Fünf den Test bestanden haben und die verbleibenden Vier durchgefallen sind – eigentlich sehr fair von uns.

Der Sporttest ist gleich danach. Auf einer Wiese müssen die Männer drei Runden absolvieren. Auf der Wiese selbst stehen zwei Bänke. Bei der ersten Runde müssen die Herren über die Bänke springen und am Ende der Runde 20 Liegestütz machen. In der zweiten Runde muss unter den Bänken durchgerobbt werden und am Rundenende 20 Situps absolviert werden. Die dritte Runde entspricht der Ersten. Und die fünf Besten bekommen wieder ein „bestanden“.

… ich bin mir nicht ganz sicher, aber dem Geächze und Gestöhne der Jungs nach zu urteilen, dürften heute einige von denen weder ihre Arme noch ihren Bauch spüren…

Der dritte Test: der Lover-Tauglichkeitstest. Ratlose Blicke in der Runde – wie zum Geier möchte Ulrich testen, ob die Männer auch in der Waagrechten etwas taugen? Zu unserer großen Erheiterung schleppt Ulrich einen knallgelben Hoola-Hoop-Reifen an. „Ähm, Ulrich, blöde Frage, ich weiß, aber was zum Henker willst du mit dem Ding anfangen?“ Ulrich lächelt und meint „die Herren müssen den Reifen – sagen wir mal länger als 10 Sekunden – in Bewegung halten können?“. Ok, diese Antwort provoziert die noch blödere Frage „und was soll das über die Lovertauglichkeit aussagen?“. Woraufhin Ulrich nur knapp kontert „wenn der Mann für 10 Sekunden nicht weiß, was er mit seinem Becken zu tun hat, kannst ihn ohnehin vergessen…“. Aaaaaah ja…. Und spätestens, als wir gesehen haben, welcher Bewegungsablauf der Erfolgreichste war, um den Reifen auf der Taille zu halten, war uns alles klar. Auch hier haben wir nach einem Stechen fünf Sieger ermittelt.

Beim Eloquenztest – auch „Goschert-Test“ genannt – liegt es nun an uns Jurorinnen, die Männer anhand von fix vorgegebenen Fragen auf ihre Schlagfertigkeit hin zu überprüfen. Zu Ulrichs Amüsement ziehen wir aber auch andere Kriterien mit ein: Punkteabzug gibt es zB auch, wenn der Kandidat während der Befragung die Sonnenbrille aufbehält oder auf die Frage „eine Frau kommt für mich dann für eine Beziehung statt für einen One-night-stand in Frage, wenn…“ mit „… sie hübsch ist“ antwortet (in diesem Fall wollten wir negative Punkte vergeben). Pluspunkte gibt es, wenn sich der Typ selbst nicht allzu bierernst nimmt, über sich selbst lachen kann oder guten Augenkontakt hält. Auch in diesem Bereich haben wir bald unsere Sieger ermittelt. Und von den neun Jungs haben es immerhin zwei geschafft, in allen vier Bewerben zu punkten. Diese bekommen damit das Prädikat „Traumtyp“.

Wobei ich eines sagen muss: vielleicht waren die Neun nicht in mein Beuteschema passend, aber ich zolle ihnen jede Menge Respekt für den Humor und den Mut, den sie bewiesen haben, indem sie an so einem Test überhaupt teilgenommen haben. Und damit bekommen diese neun Herren von mir hiermit den Titel „Hero“ verliehen…

Freitag, 22. Juni 2007

Laß mi amoi no d’ Sun aufgeh segn

Heute, kurz nach 14 Uhr, als ich nach der Mittagspause kurz ins Internet schaue, springt mir auf der Startseite vom Standard eine Meldung ins Auge: Unbestätigten Meldungen zufolge ist gestern Georg Danzer gestorben...

Wer im Wien der 70er und 80er Jahre aufgewachsen ist, der kommt an einem Ambros, einem Hirsch, einem Falco und einem Danzer nicht vorbei. Und jeder dieser vier Künstler hat mich auf irgendeine Art und Weise berührt: Falco als begnadeter Zyniker, Hirsch mit seinen „dunkelgrauen Liedern“, der Wolferl mit dem „Zentralfriedhof“, dem „Hofa“ und natürlich der allgegenwärtigen Schikurshymne „Schifoan“. Der Schurl hat aber meiner Meinung nach immer die besten Texte gehabt. Ich hab eine besondere Bindung zu ihm – wenn man den Geschichten glauben mag, die meine Eltern mit einem sentimentalen Lächeln so gerne erzählen, dann war „Jö schau“ das erste Lied, das ich mit knapp 1 ½ Jahren unter dem Esstisch meiner Großeltern vor mich hingebrabbelt habe, der „Nockate vom Hawelka“ hat es mir damals offensichtlich angetan.

Was macht den Charme der Texte vom Danzer aus? Vielleicht, weil er in unnachahmlichen Wienerisch singt, und jedem Wiener die Augen zu strahlen beginnen, wenn er in seinem Dialekt singen darf. Vielleicht, weil er die Wiener wie kein Zweiter zu karikieren versteht. Vielleicht, weil man bei seinen Liedern zu lächeln beginnt…

Viele seine Texte sind in Wien im täglichen Sprachgebrauch: jeder kennt die Wendung „Hupf in Gatsch und schlog' a Wölln oba tua mi do net quö'ln.“ oder „so an Oamutschgal wie Dir schenk' ich an Schülling, oda na i gib da zwa du bist a Zwülling, wäu aner allan konn do net so deppert sein…“. Auch „i hau eam wia an Tanzbärn“ ist gang und gäbe. Im Lied „I bin a Kniera“ beschreibt er sehr treffend die Hausmeistermentalität und den Hang zum Vernadern, was man ja beides gerne den Wienern nachsagt und wenn man jemandem die „goldene Kniescheibe“ verleiht, dann ist das in Wien beileibe kein Kompliment – heißt es doch nichts anderes, als das man der „größte Furchengänger von Wien“ ist.

Aber der Danzer hält uns Wienern nicht nur einen Spiegel vors Gesicht. Auch zum Anbandeln habe ich schon Danzer-Songs verwendet. In einem Lokal mit Live-Musik zu fortgeschrittener Stunde, wenn der Sänger schon die Stimmbänder tüchtig geölt hat und zu den Austropop Songs übergeht, wenn das ganze Lokal zum Mitsingen beginnt, dann kann es schon sein, dass man sich dann auch ein bisschen näher kommt. Mein Date, mit dem ich in dem Lokal bin, treibt mich immer in den Wahnsinn, weil er wohl ein Handy besitzt, es aber nicht verwendet – auch nicht, um mich anzurufen. Wie es der Zufall so will, beginnt stimmt der Sänger unten „Ruaf mi net an“ an. Ich lächle also mein Date an und sag „na, in die Situation wirst du ja wohl eher nicht kommen“ – meinem Begleiter steht das Erkennen noch nicht auf der Stirn geschrieben, also setze ich den Satz mit einem „na ja, so ein großer Telefonierer bist du ja eher nicht“ fort. Nun ist mein Date doch etwas bestürzt und meint „oh weh, und dabei geb’ ich mir immer so viel Mühe…“. Ich lächle ihn an und sag „du, beim Telefonieren selbst bist du großartig, nur mit dem von-dir-aus anrufen, das funktioniert noch nicht so ganz.“ Er telefoniert nicht gern, gesteht er. Gut, ich bin ja nicht so „und welche Art der Kontaktaufnahme bevorzugst du sonst? SMS, oder doch e-mail?“. Nein, keines von denen, er spricht lieber direkt mit den Leuten. „Ah gut, das heißt, du stehst den ganzen Tag über auf der Straße und wartest, bis wer an dir vorbei läuft, mit dem du reden kannst.“ So, jetzt ist er wirklich arm, auf seiner Stirn steht plötzlich „Shit“ geschrieben, und es blinkt regelrecht. Ich weiß, ich bin boshaft, weil ich ihm nicht aus dieser Sackgasse raus helfe, aber irgendwie ist die Situation einfach zu witzig. Er überlegt sich wirklich eine gute Antwort, ich sehe regelrecht, wie sein Gehirn fieberhaft arbeitet (wenn man bösartig ist, könnte man sagen „man sieht die Zahnräder rattern“, aber dafür ist er zu intelligent…). Er versucht sich aus dieser Situation mit einem „na ja, ich denke schon daran, dass ich dich anrufe, aber dann kommt mir was dazwischen und ich vergess’ wieder…“. Ich lache laut und sage „du bist dir jetzt aber schon der Tatsache bewusst, dass das gerade kein Kompliment für mich war…“. Jetzt ist er endgültig arm dran und ich rette ihn, indem ich ihm sage, dass in Zukunft gern ich anrufen kann… Ohne einen Georg Danzer und sein Lied hätte diese Unterhaltung wohl nie stattgefunden.

Aber Georg Danzer hat uns nicht nur mit seinen Liedern den Tag verschönt. Er hat seine Kunst auch genutzt, um den Bedürftigen zu helfen – gemeinsam mit Wolfgang Ambros und Rainhard Fendrich hat er „Austria 3“ gegründet, und die Erlöse aus diesem Projekt kommen gänzlich den Obdachlosen – in Wien auch Sandler genannt – zu gute.

Von einem Danzer hat man auch nie irgendwelche Skandale gehört – wenn andere Austropopper ihre Frauen verlassen oder sich Alkohol und Kokain hingeben, dann hört man von einem Schurl nichts Negatives. Ein einziges Laster, das er jahrzehntelang frönt: er ist Kettenraucher. Und im vergangenen Jahr dann die erschütternde Diagnose: Lungenkrebs. Aber er hat den Kampf gegen den Krebs aufgenommen – und gestern hat er diesen Kampf dann verloren…

Wenn man den Berichten in den Medien glauben mag, dann ist Georg Danzer im Kreise seiner Familie gestorben. Er hatte an die Medien einen letzten Wunsch: dass die Nachricht von seinem Tod erst nach seiner Einäscherung an die Öffentlichkeit gegeben wird. Leider haben Einige diesem letzten Wunsch nicht entsprochen, sie haben sich damit meiner Meinung nach für die „Macht der Information“ und gegen die Pietät entschieden.

Meine Anteilnahme gehört der Familie und den Freunden von Georg Danzer – ich wünsche ihnen alle erdenkliche Kraft.

Und dem Schurl sag ich hiermit „Danke“ – deine Musik hat mich von Kindheit an begleitet, die Texte haben mich zum Lachen, zum Weinen und am Wichtigsten: zum Nachdenken gebracht. Mit deiner Musik und deinem Engagement hast du schon zu Lebzeiten dafür gesorgt, dass man dich immer in guter Erinnerung behalten wird. Von dem her bin ich sicher, dass es dir dort, wo du jetzt bist, gut gehen wird…

Montag, 18. Juni 2007

Hair

Ein Sprichwort sagt „der Mensch stammt vom Affen ab“, wobei böse Zungen den Satz um ein „der Eine mehr, der Andere weniger“ erweitern. In den späten 60er Jahren hat unsere Elterngeneration mit damals revolutionären Haarschnitten gegen die Ansichten unserer Großeltern protestiert. Woher kommt’s, dass Haare unser Leben so beeinflussen?

Mich verbindet eine innige Hassliebe mit meinem straßenköterblonden Haarschopf. Viel zu dünn, viel zu wenig Volumen, und noch dazu Schnittlauchlocken – unmöglich, diese Biester halbwegs zu zähmen. In den 80er und frühen 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts habe ich deshalb Dauerwellen gehabt, wobei ich mich immer gefragt habe, ob der Fixierer wohl als chemischer Kampfstoff à la „Agent Orange“ zugelassen ist. Irgendwann war mein Haar davon so kaputt, dass nur noch die Schere geholfen hat und ich mein überschulterlanges Haar dem Dauerwellensatan opfern musste.

Danach habe ich jahrelang mehr oder weniger flotte Kurzhaarfrisuren getragen, die ich regelmäßig hellblond gefärbt habe. Vor drei Jahren, als ich mich von meinem Ex getrennt habe, habe ich mich auch dazu entschlossen, mein Haar wieder wachsen zu lassen, und seitdem züchte ich mühsam wieder die Länge heran. Und da das Blondieren auf Dauer auch nicht gerade das Beste für die Mähne ist, habe ich mein Haar wieder auf die Originalfarbe zurückfärben lassen, um ihm die Chance zu geben, möglichst unstrapaziert zu wachsen. Wobei ich mit meiner Naturhaarfarbe einen unbestrittenen Vorteil habe: graue Haare sind bei mir kein Thema, die fallen bei straßenköterblond nämlich nicht auf.

Aber sie sind dennoch mühsam, da sie ja gewaschen, gefönt und gestylt werden wollen. Und gerade in Sachen „Haare fönen“ und „Haare stylen“ habe ich zwei linke Hände: egal, wie viel ich auch übe, nichts will gelingen. Es wäre auch viel praktischer, die Biester abschneiden zu lassen, aber irgendwie sagt jeder Mann, den ich frage „bloß nicht abschneiden, lange Haare sind bei Frauen soooooo schön….“. Und sie verdrehen jedes Mal die Augen, wenn ich sage „schon mal nach einem Sturm die Haare entwirrt, ohne dabei wie ein Schlosshund zu heulen?“.

So sehr die Männer aber die Haare auf den Köpfen der Frauen schätzen, so sehr verabscheuen sie sie an anderen Körperstellen. Und so verdient sich die Kosmetikindustrie an uns Frauen eine goldene Nase, weil wir dem übrigen Körperhaar mit allem Möglichen zu Leibe rücken. Also rasieren wir uns die Achseln, wir epilieren die Beine (kann mir irgendjemand erklären, wie das mit diesen Kaltwachsstreifen funktioniert? Bei mir bleibt lediglich das Wachs auf den Beinen kleben, die Haare zeigen sich gänzlich unbeeindruckt…) und rücken der Bikinizone mit Heißwachs zu Leibe.

Tja, die liebe Bikinizone… Ich hatte nie ein Problem mit meinen Schamhaaren, bis ein lieber Freund im Schwimmbad mal zu mir gemeint hat „da sollte sich mal jemand rasieren…“. Nachdem ich mich von dem Schock und der Überraschung erholt habe, wohin platonische heterosexuelle Freunde bei einer Frau so schauen, habe ich zähneknirschend meine Einstellung geändert. Und habe mal den einfachsten Weg ausprobiert: rasieren. Ja, geht ganz easy, und tut auch nicht weh. Aber: es sticht, es sticht, es sticht, wenn die Biester nachwachsen. Also entweder täglich nachrasieren oder aber ab dem dritten Tag permanent an die Bikinizone denken. Auch nicht grad angenehm…

Plan B ist Enthaarungscreme, da gibt es einiges zur Auswahl, unter anderem auch Produkte, die speziell für die Bikinizone entwickelt wurde. Beim Durchlesen der Bedienungsanleitung wird einem als Frau Angst und Bang, und es gehört eine große Portion Mut und jede Menge Überwindung dazu, diese chemische Bombe anzuwenden. Liebe Männer, bevor ihr von euren Freundinnen verlangt, dieses Zeug aufzutragen, überlegt euch, ob ihr es auch in der Nähe eures – ja, genau dieses Körperteil meine ich – anwenden würdet (und nein, liebe Männer, ihr wisst selbst ganz genau, dass ein "nein Schatz, das macht mir nichts aus" in Verbindung mit diesem gewissen Blick, den wir so unnachahmlich können, bedeutet, dass es uns sehr wohl etwas ausmacht - und dass ihr das eigentlich wissen solltet und uns deshalb nicht darum bitten dürft). Die Hautreizungen können recht lustige Farbschattierungen annehmen und… es juckt… Auch nicht gerade ladylike, wenn frau sich aufgrund einer allergischen Reaktion tagelang zwischen den Beinen kratzt.

Bleibt also nur noch Heißwachs. Alleine der Gedanke, entblößt vor meiner Kosmetikerin zu liegen (ein Anblick, den sonst nur der Partner oder der Gynäkologe haben), bereitet auch der ung’schamigsten Frau ein gewisses Unbehagen. Von den zu erwartenden Schmerzen mal gar nicht zu sprechen. Die gute Nachricht ist: wenn die Kosmetikerin weiß, was sie tut und flink arbeitet, tut’s gar nicht mal so weh wie frau glauben mag. Nur enge Jeans sollte man danach sicherheitshalber nicht tragen – der John-Wayne-Schritt (breitbeinig, als ob man gerade vom Gaul geklettert wäre) kommt da nicht so gut an.

Aber – wie’s schon unsere Großmütter gewusst haben – „wer schön sein will, muss leiden“, und auch wenn die Schönheit bekanntlich im Auge des Betrachters liegt, in diesem Punkt sind sich wohl alle Männer einig: ausgenommen am Kopf sei das Weib haarlos. Und da wir Frauen ja vor allem euch Männern gefallen wollen, und außerdem sowieso viel besser im Ertragen von Schmerzen sind, tun wir euch den Gefallen.

Lustigerweise sind die Männer nicht immer so entgegenkommend, wenn wir an ihrer Körperbehaarung zu mäkeln beginnen. Es stimmt schon, dass sogar schon Torberg seiner Tante Jolesch ein „was ein Mann schöner ist als ein Aff’, ist Luxus“ in den Mund gelegt hat. Da ihr uns Frauen aber ohnehin nachsagt, dass wir die reinsten Luxusgeschöpfe sind (und wir seit David Beckham metrosexuelle Männer schlichtweg „wow“ finden), ist es ja wohl angesichts der Qualen, die wir uns mehr oder weniger freiwillig antun, wohl nicht zuviel verlangt, wenn ihr nicht jedes Mal dreinschaut, als hätten wir euch einen Ritualmord vorgeschlagen, wenn wir euch ins Ohr flüstern „Schatz, kannst du dich rasch mal rasieren…“.

Donnerstag, 14. Juni 2007

Babettes Fest

Auch die Beste aller Freundinnen feiert mal ihren 30. Geburtstag, und meine Aufgabe als Freundin ist in diesem Fall natürlich, ihr ein besonderes Geschenk auszusuchen. Eines, an dem sie sieht, dass ich an sie gedacht habe, mich in sie hineinversetzt habe, das ihr zeigt, wie viel sie mir bedeutet und überhaupt – eins, mit dem sie Freude hat. Tja, liebe Männer, ihr seht also: auch wir Frauen stehen oftmals vor dem Problem „was schenken?“. Da wir aber selbst auch Frauen sind, und wissen, dass Frauen vor Anlässen, wo man ein Geschenk braucht, gerne „Signale“ aussenden, spitzen wir einige Wochen vor diesem besagten Anlass natürlich besonders unsere Öhrchen und passen auf wie die Haftlmacher.

Wobei ich zugegeben einen gewissen Vorteil habe: dadurch, dass Caro und ich es sogar schaffen, eine ganze „Woman“ am Telefon durchzubesprechen, weiß ich ziemlich genau, was sie mag, und was nicht. Und in diesem einen Fall hat sie es mir sogar ganz besonders leicht gemacht. Eines Samstag Morgens klingelt mein Handy – „sag, hast du den Samstagkurier?“ Ich gähne noch ein bissl verschlafen und murmle „ja, warum?“ – „Schlag mal die Freizeit auf, hinten bei den Lokaltipps“ – ich blättere – „da sind Kochkurse drin“. Ah ja, Kim kocht, Babette’s und noch ein paar Andere aus den Bundesländern. „Du, das wär’ doch witzig – können wir so etwas mal machen?“ Hahaaa, Schurrrke – das ist ja die perfekte Geburtstagsidee… jetzt also gleich hinarbeiten, damit sie in den nächsten Wochen nicht gleich hinstürmt und uns alle für so einen Kurs anmeldet „ja, Schönste, das können wir gerne machen – geht’s aber bitte erst nach dem Abschluss, im Moment ist es einfach zu stressig bei mir“.

Einige Tage vor ihrem Geburtstag pilgere ich also zu Babette’s – eine urige Buchhandlung im 4. Bezirk, die mit dem Slogan „Spice and Books for Cooks“ wirbt – und besorge einen Gutschein für einen Kochkurs. Und als Caro an ihrem Geburtstag den Gutschein auspackt, hat sie eine Riesenfreude damit und teilt die Hälfte aller ihrer Gäste ein, mit ihr zu so einem Kurs zu gehen.

An Caro’s 31. Geburtstag fällt mir ein, dass wir ja noch nicht kochen waren… ich bin mir aber gar nicht mehr sicher, ob der Gutschein überhaupt noch gültig ist, oder ob sie ihn vielleicht verloren hat – am Besten, gar nicht drauf ansprechen, vielleicht ist dieser Kelch – zu einem Kochkurs gehen – noch einmal an mir vorüber gegangen. Vor ein paar Wochen allerdings klingelt wieder mal mein Handy – Caro dran. „Du, mir ist grad eingefallen, dass wir ja noch kochen müssen…“. Ach ja, stimmt, das hatte ich ja schon völlig verdrängt… Eine von Caros tollsten Fähigkeiten ist, dass sie perfekt im delegieren ist „kannst du bitte ein paar Kurse raussuchen, du weißt ja eh, zu welchen Terminen ich Zeit habe“. Ja, eh klar, mache ich super gerne, ich hab sonst ohnehin nichts zu tun… Nein, passt schon, der Vorteil, wenn ich die Vorauswahl treffe ist, dass ich dann auch etwas Einfluss auf die Kursauswahl habe, und ich kann gleich einige Kurse, die mich so überhaupt nicht interessieren, weglassen. Also maile ich Caro eine Kursauswahl samt zugehörigen Terminen. Caro sticht natürlich ein Kurs gleich ins Auge „Gourmet Fast Food“ – klingt ja auch zu gut, um wahr zu sein: Schnell muss es gehen, aber nur vom Feinsten darf auf den Tisch? Hier wird an der Zeit gespart, aber nicht beim Einkauf: wir kochen fünf Gourmetgänge, die wahlweise als Zwischen- oder Hauptgang aufgetischt werden können und kaum länger als 20 Minuten pro Gang in der Zubereitung brauchen. Alles selbstverständlich gästetauglich! Ich melde uns also zu besagtem Termin an.

Ich muss sagen, der Service bei Babette’s passt wirklich: am Tag des Kochkurses ruft ein Mitarbeiter an und erinnert mich daran, dass ich am Abend einen Kurs habe – so was mag ich. Punkt 18 Uhr treffen Caro und ich in der Buchhandlung ein, wir bekommen Prosecco angeboten und warten, bis die übrigen Kochwilligen eintrudeln. Nathalie, die Köchin, hat auch schon Rezeptheftchen aufliegen, was wir heute zaubern werden: geschmolzener Crottin mit Kräutersalaten und Feigen, Melonenkaltschale mit weißem Porto und sautierten Scampi, Jakobsmuschel-Lachsspieße auf Safranschalottencreme, Steak-Burger mit Morcheln, Spargel und Gänseleber und als Dessert Amarettini-Pfirsich Trifle. Ich seufze etwas resignierend – alles gespickt mit Milchprodukten, Krustentieren und Rindfleisch – genau jene Dinge, auf die ich allergisch bin… Tja, da werd’ ich wohl durchmüssen und hoffen, dass ich am nächsten Tag nicht zuviel leiden muss. Endlich sind alle Teilnehmer vollzählig versammelt: 9 Frauen, 2 Männer und 2 Köchinnen. Nathalie verteilt die Aufgaben unter uns: einer muss Scampi schälen, einer Schalotten schneiden, Kräuter zupfen, Frühlingskäse zubereiten – ich entscheide mich für Pfirsiche schälen, das ist keine sonderlich herausfordernde Arbeit und geht einfach.

… wenn ich allerdings gewusst hätte, wie viele Pfirsiche ich zu schälen gehabt hätte, hätte ich wahrscheinlich freiwillig die Scampi gequält. Nach einigen Minuten kleben meine Hände vom Fruchtsaft, und die Säure in den Pfirsichen bewirkt außerdem, dass die Finger brennen – na super, genauso hab ich mir das immer gewünscht. Caro hingegen ist in ihrem Element – das freut mich, immerhin ist es ja ihr Abend und sie soll schließlich Spaß haben. Nach einer halben Stunde, wo wir unsere Mitköche eher anschweigen, stellen wir fest, dass die Fünfergruppe (drei Mädels und zwei Männer) denselben Background haben wie Caro und ich: sie haben alle für eine der „fat four“-Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzleien gearbeitet bzw arbeiten noch immer dort. Von da an geht uns der Gesprächsstoff nicht mehr aus, wir gleichen gemeinsame Bekannte ab und machen uns über alle möglichen Dinge lustig.

Und so wird ein Abend, der vielleicht nicht zu 100 % lustig begonnen hat, noch der totale Kracher, beim Gehen umarmt mich Caro nochmals und dankt mir für den Abend. Ich freue mich, dass wir beide soviel Spaß gehabt haben. … und wenn jemand mal etwas ausgefallener kochen möchte: unbedingt ausprobieren!

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