Weckruf
Ab und zu muss auch frau sich eine kleine Auszeit gönnen, und letztes Jahr habe ich da etwas besonders Entspannendes entdeckt: Thermenurlaub… Den ganzen Tag lang entweder im Hausanzug oder gar im Bademantel durch die Gegend laufen, Massagen, Maniküre, Pediküre, einfach alles, was ein weibliches Herz höher schlagen lässt. Und zusätzlich: klösterliche Ruhe. Es läutet nicht ständig das Telefon, niemand belästigt einen mit Gott-weiss-was, frau bekommt endlich mal genug Schlaf ab – perfekt! Die Therme, die ich mir ausgesucht habe, ist Bad Waltersdorf mit dem dazugehörigen Quellenhotel – sehr angenehm, da kaum Kinder dort sind, die lärmen, kreischen und im Pool herumpritscheln. Da sind mir die Senioren sehr viel lieber, auch wenn ich nach einer Woche genug vom Anblick von Krampfadern und Hängepos habe.
Auf alle Fälle genieße ich die Entspannung. Und da ich am nächsten Morgen zeitig (also um neun Uhr) eine Massage habe, gehe ich entsprechend früh schlafen, da ich ja ausgeruht sein möchte, damit ich die Massage besonders genießen kann. Irgendwann vor Mitternacht dämmere ich somit süß und selig dem Träumeland entgegen…. Ich liege also im Bett und schlafe meinen verdienten Schönheitsschlaf… Plötzlich schlägt mein Handy an, als Klingelton plärrt Meredith Brooks „I’m a bitch“ durch das Hotelzimmer. Mich reißt’s aus dem Bett. Völlig desorientiert lange ich nach dem verdammten Krachmacher und luge auf’s Display. Ulrich…
Ulrich ist eine Unibekanntschaft von mir – er war da einer meiner Vortragenden. Und da er nur drei Jahre älter ist und ein lustiger Typ obendrein, sind wir auch nach der Uni befreundet geblieben. Ich schau auf die Uhr – 1:30 Uhr - und denke mir „oh mein Gott, was ist passiert?“. Ich melde mich verschlafen „ja, bitte?“ und gähne herzhaft in’s Telefon. Auf der anderen Seite Ulrich „Ja servus, du, wir sitzen da grad nett bei mir beieinander und haben grad festgestellt, dass es so schad’ ist, dass du net da bist“ … Stimmt, in dieser Woche veranstaltet Ulrich ja zahlreiche „Freunde-zusammentrommel-Abende“, er hat mich ja auch eingeladen aber ich hab wegen meines Urlaubs abgesagt. „Mhm….“ – mehr ist um diese Uhrzeit nicht aus mir herauszubringen. „Ja und weißt du, direkt gegenüber von mir sitzt Alfons, dein zukünftiger Ehemann, und er möchte unbedingt mit dir telefonieren.“ Grummel… „ok, Ulrich, wie viel hast du getrunken?“ – „Nein, ich bin nicht betrunken, und der Alfons will unbedingt mit mir sprechen“ – ich gähne nocheinmal herzhaft – „kannst du mir bitte kurz die Caro geben?“
Caro ist eine meiner besten Freundinnen, und auch, wenn sie mir nicht erzählt hat, dass sie an diesem Abend bei Ulrich ist, weiß ich dennoch, dass sie da ist. Fünf Sekunden später flötet Caro ins Telefon „Hallo Mausimaus, du der Alfons ist ein ganz ein Lieber“ Allein beim Namen „Alfons“ hab ich einige Bilder, die durch meinen Kopf geistern, und keines dieser Bilder passt auch nur ansatzweise in mein Beuteschema. „Schatzl, hast du einen groben Blick auf die Uhr geworfen? Ich schlaf schon…“ – „Ja, das mag schon sein, aber er ist wirklich süß“ – „Gut, dann schnapp du ihn dir, have fun and use condoms“. „Naja, weißt, für mich ist er nix – aber für dich wäre er perfekt!“ – „Du, die Diana ist doch sicher auch da…“ – „Ja, freilich“ – „…dann soll die sich doch mit ihm beschäftigen – könnt’s mi bitte weiter schlafen lassen….“ Der Unterton in meiner Stimme wird flehentlich – Boshaftigkeit geht nur, wenn ich wach bin. Aber Caro ist nicht zu bremsen „Wart, ich schick dir ein Foto von ihm aufs andere Handy“. Dreißig Sekunden später piepst das zweite Telefon. Ich linse auf das Bild – ein dunkler Fleck auf dunklem Hintergrund, das Einzige, das ich erkenne, ist, dass Alfons dunkle Locken am Kopf hat. Ich grummle in das Telefon „Süße, du weißt schon, dass Alfons nicht mein Beuteschema ist sondern eher deins – ich steh’s mir nicht so auf Dunkelhaarige mit Glutaugen, ich mag lieber die Blonden, Blauäugigen…“ Caro zwitschert in das Telefon „du, wart mal kurz…“
Am anderen Ende eine Männerstimme „Gutten Takkk….“. Na leiwand, ein Scherzbold obendrein – Caro, ich bring dich um, und Ulrich gleich mit dazu! „Mhm….“ – ich versuche krampfhaft, nicht wach zu werden, bloß nicht zuviel reden oder die Augen aufmachen, sonst bin ich hellwach und kann mir für den Rest der Nacht den Schlaf in blasslila aufzeichnen… „Ja grüß dich, ich bin der Alfons“ – Ja, die Neuigkeit ist mittlerweilen bis zu mir durchgedrungen. „Mhm….“ – „Wieso bist du heute nicht zu Ulrich gekommen?“ – Verdammt, der Typ will wirklich eine Unterhaltung. Ich gähne demonstrativ in das Telefon (das muss er gehört haben) und murmle „Urlaub….“. „Hey, cool, wo bist denn hingefahren? Kann ich da auch hinkommen?“ Langsam werd’ ich unruhig – was soll der Scheiß? Aufwecken – ja, gut. Reden wollen – nojo… Besuchen kommen – vergiss’ es! Ein Gedanke schießt mir durch den Kopf – ich hab Caro wohl erzählt, wo ich hingefahren bin, aber die Gute hat sich das mit Sicherheit nicht gemerkt. Ich brumme also „frag die Caro, die weiß, wo ich bin“ ins Handy. Alfons stellt anscheinend die Frage ans Auditorium, wo ich zu finden bin. Caro jubelt im Hintergrund „ich weiß es, ich weiß es, sie ist im Hotel ‚Waldquelle’ in Bad Tatzmannsdorf“. Ich grinse still in mich hinein – auf meine Freundin und ihr schlechtes Gedächtnis ist in solchen Fällen einfach Verlass. Alfons fragt mich „Bist du wirklich im Hotel Waldquelle in Bad Tatzmannsdorf?“ Ich knurre ein kurzes „Yupp“ in den Hörer.
Alfons versucht tatsächlich, weiterhin eine Unterhaltung mit mir zu führen, und ich halte stur an meiner Taktik „nur nicht zuviel reden, vielleicht werd’ ich ja nicht richtig wach und kann dann weiterschlafen“ fest und bestreite – für Frauen absolut untypisch – den Großteil der Unterhaltung mit einem „Mhm….“. Irgendwann, nach einer guten halben Stunde, schaffe ich es endlich, dass ich den Typen abwimmle (auflegen hätte ja nichts gebracht, die Wahnsinnigen hätten ja wieder angerufen). Ich bin natürlich nun hellwach und liege bis vier Uhr morgens wach im Bett und frage mich „Warum? Und warum ich?“. Als am nächsten Morgen um halb acht Uhr der Wecker läutet, damit ich vor der Massage noch zum Frühstück komme, bin ich entsprechend gerädert und groggy. Zu meiner kleinen Genugtuung hat Caro ein wahnsinnig schlechtes Gewissen und als ich Ulrich um 14 Uhr anrufe, wecke ich ihn auch auf.
Einige Wochen später lerne ich Alfons tatsächlich kennen – als ich mich vorstelle, lacht er „du bist die Frau, die die ganze Zeit ins Telefon gestöhnt hat!“ Scherzerl, Bester, ihr habt mich aus den süßesten Träumen gerissen… Aber ja, er ist ein witziger, liebenswerter Kerl, halt überhaupt nicht mein Beuteschema (ich aber auch nicht seines) – er ist grob geschätzt zwei Köpfe größer als ich und wiegt – grob geschätzt – als Nasser rund die Hälfte von dem, was ich wiege. Aber ich unterhalte mich den Abend über köstlich mit ihm und stelle fest „vielleicht ist er nicht mein zukünftiger Ehemann, aber auf alle Fälle jemand, mit dem man höllisch viel Spaß haben kann“. Und finde die Telefongeschichte auf einmal gar nicht mehr so dramatisch.
Auf alle Fälle genieße ich die Entspannung. Und da ich am nächsten Morgen zeitig (also um neun Uhr) eine Massage habe, gehe ich entsprechend früh schlafen, da ich ja ausgeruht sein möchte, damit ich die Massage besonders genießen kann. Irgendwann vor Mitternacht dämmere ich somit süß und selig dem Träumeland entgegen…. Ich liege also im Bett und schlafe meinen verdienten Schönheitsschlaf… Plötzlich schlägt mein Handy an, als Klingelton plärrt Meredith Brooks „I’m a bitch“ durch das Hotelzimmer. Mich reißt’s aus dem Bett. Völlig desorientiert lange ich nach dem verdammten Krachmacher und luge auf’s Display. Ulrich…
Ulrich ist eine Unibekanntschaft von mir – er war da einer meiner Vortragenden. Und da er nur drei Jahre älter ist und ein lustiger Typ obendrein, sind wir auch nach der Uni befreundet geblieben. Ich schau auf die Uhr – 1:30 Uhr - und denke mir „oh mein Gott, was ist passiert?“. Ich melde mich verschlafen „ja, bitte?“ und gähne herzhaft in’s Telefon. Auf der anderen Seite Ulrich „Ja servus, du, wir sitzen da grad nett bei mir beieinander und haben grad festgestellt, dass es so schad’ ist, dass du net da bist“ … Stimmt, in dieser Woche veranstaltet Ulrich ja zahlreiche „Freunde-zusammentrommel-Abende“, er hat mich ja auch eingeladen aber ich hab wegen meines Urlaubs abgesagt. „Mhm….“ – mehr ist um diese Uhrzeit nicht aus mir herauszubringen. „Ja und weißt du, direkt gegenüber von mir sitzt Alfons, dein zukünftiger Ehemann, und er möchte unbedingt mit dir telefonieren.“ Grummel… „ok, Ulrich, wie viel hast du getrunken?“ – „Nein, ich bin nicht betrunken, und der Alfons will unbedingt mit mir sprechen“ – ich gähne nocheinmal herzhaft – „kannst du mir bitte kurz die Caro geben?“
Caro ist eine meiner besten Freundinnen, und auch, wenn sie mir nicht erzählt hat, dass sie an diesem Abend bei Ulrich ist, weiß ich dennoch, dass sie da ist. Fünf Sekunden später flötet Caro ins Telefon „Hallo Mausimaus, du der Alfons ist ein ganz ein Lieber“ Allein beim Namen „Alfons“ hab ich einige Bilder, die durch meinen Kopf geistern, und keines dieser Bilder passt auch nur ansatzweise in mein Beuteschema. „Schatzl, hast du einen groben Blick auf die Uhr geworfen? Ich schlaf schon…“ – „Ja, das mag schon sein, aber er ist wirklich süß“ – „Gut, dann schnapp du ihn dir, have fun and use condoms“. „Naja, weißt, für mich ist er nix – aber für dich wäre er perfekt!“ – „Du, die Diana ist doch sicher auch da…“ – „Ja, freilich“ – „…dann soll die sich doch mit ihm beschäftigen – könnt’s mi bitte weiter schlafen lassen….“ Der Unterton in meiner Stimme wird flehentlich – Boshaftigkeit geht nur, wenn ich wach bin. Aber Caro ist nicht zu bremsen „Wart, ich schick dir ein Foto von ihm aufs andere Handy“. Dreißig Sekunden später piepst das zweite Telefon. Ich linse auf das Bild – ein dunkler Fleck auf dunklem Hintergrund, das Einzige, das ich erkenne, ist, dass Alfons dunkle Locken am Kopf hat. Ich grummle in das Telefon „Süße, du weißt schon, dass Alfons nicht mein Beuteschema ist sondern eher deins – ich steh’s mir nicht so auf Dunkelhaarige mit Glutaugen, ich mag lieber die Blonden, Blauäugigen…“ Caro zwitschert in das Telefon „du, wart mal kurz…“
Am anderen Ende eine Männerstimme „Gutten Takkk….“. Na leiwand, ein Scherzbold obendrein – Caro, ich bring dich um, und Ulrich gleich mit dazu! „Mhm….“ – ich versuche krampfhaft, nicht wach zu werden, bloß nicht zuviel reden oder die Augen aufmachen, sonst bin ich hellwach und kann mir für den Rest der Nacht den Schlaf in blasslila aufzeichnen… „Ja grüß dich, ich bin der Alfons“ – Ja, die Neuigkeit ist mittlerweilen bis zu mir durchgedrungen. „Mhm….“ – „Wieso bist du heute nicht zu Ulrich gekommen?“ – Verdammt, der Typ will wirklich eine Unterhaltung. Ich gähne demonstrativ in das Telefon (das muss er gehört haben) und murmle „Urlaub….“. „Hey, cool, wo bist denn hingefahren? Kann ich da auch hinkommen?“ Langsam werd’ ich unruhig – was soll der Scheiß? Aufwecken – ja, gut. Reden wollen – nojo… Besuchen kommen – vergiss’ es! Ein Gedanke schießt mir durch den Kopf – ich hab Caro wohl erzählt, wo ich hingefahren bin, aber die Gute hat sich das mit Sicherheit nicht gemerkt. Ich brumme also „frag die Caro, die weiß, wo ich bin“ ins Handy. Alfons stellt anscheinend die Frage ans Auditorium, wo ich zu finden bin. Caro jubelt im Hintergrund „ich weiß es, ich weiß es, sie ist im Hotel ‚Waldquelle’ in Bad Tatzmannsdorf“. Ich grinse still in mich hinein – auf meine Freundin und ihr schlechtes Gedächtnis ist in solchen Fällen einfach Verlass. Alfons fragt mich „Bist du wirklich im Hotel Waldquelle in Bad Tatzmannsdorf?“ Ich knurre ein kurzes „Yupp“ in den Hörer.
Alfons versucht tatsächlich, weiterhin eine Unterhaltung mit mir zu führen, und ich halte stur an meiner Taktik „nur nicht zuviel reden, vielleicht werd’ ich ja nicht richtig wach und kann dann weiterschlafen“ fest und bestreite – für Frauen absolut untypisch – den Großteil der Unterhaltung mit einem „Mhm….“. Irgendwann, nach einer guten halben Stunde, schaffe ich es endlich, dass ich den Typen abwimmle (auflegen hätte ja nichts gebracht, die Wahnsinnigen hätten ja wieder angerufen). Ich bin natürlich nun hellwach und liege bis vier Uhr morgens wach im Bett und frage mich „Warum? Und warum ich?“. Als am nächsten Morgen um halb acht Uhr der Wecker läutet, damit ich vor der Massage noch zum Frühstück komme, bin ich entsprechend gerädert und groggy. Zu meiner kleinen Genugtuung hat Caro ein wahnsinnig schlechtes Gewissen und als ich Ulrich um 14 Uhr anrufe, wecke ich ihn auch auf.
Einige Wochen später lerne ich Alfons tatsächlich kennen – als ich mich vorstelle, lacht er „du bist die Frau, die die ganze Zeit ins Telefon gestöhnt hat!“ Scherzerl, Bester, ihr habt mich aus den süßesten Träumen gerissen… Aber ja, er ist ein witziger, liebenswerter Kerl, halt überhaupt nicht mein Beuteschema (ich aber auch nicht seines) – er ist grob geschätzt zwei Köpfe größer als ich und wiegt – grob geschätzt – als Nasser rund die Hälfte von dem, was ich wiege. Aber ich unterhalte mich den Abend über köstlich mit ihm und stelle fest „vielleicht ist er nicht mein zukünftiger Ehemann, aber auf alle Fälle jemand, mit dem man höllisch viel Spaß haben kann“. Und finde die Telefongeschichte auf einmal gar nicht mehr so dramatisch.
drewshine - 3. Mär, 16:05