Freitag, 10. Dezember 2010

How much pleasure can you stand?

Fragt man einen x-beliebigen Passanten auf der Straße nach den 3 Wünschen, die die gute Fee erfüllen sollte, so bekäme man zur Antwort wohl die drei großen G: Geld, Glück, Gesundheit (in beliebiger Reihenfolge). Leider sind zwei dieser drei nur bedingt von einem selbst beeinflussbar: selbst, wenn man so gesund wie nur möglich lebt, ist man dennoch nicht vor einem Unfall gefeit und auch Geld ist nicht in beliebiger Höhe herbeiwünschbar – jeder, der sich schon vergeblich einen Sechser im Lotto gewünscht hat, kann das bestätigen.

Bleibt also nur noch das Glück übrig. Und siehe da: es gibt eine gute Nachricht! Den individuellen Level an Glück kann jeder Mensch selbst bestimmen. Wir haben tatsächlich unser Glück in der Hand und wären somit in der Lage, es beliebig zu mehren. Vielleicht nicht immer mit dem „großen Glück“ auf einen Streich, aber da Kleinvieh bekanntlich auch Mist macht, summiert sich eine große Anzahl kleinem Glücks im Laufe der Zeit auch schon zu sehr großem Glück auf. Von demher könnte man also annehmen: wer immer sich Glück wünscht, der bekommt es auch.

Blickt man dann allerdings auf der Straße umher, so ist die Anzahl der selig-zufriedenen Gesichter leider erschreckend niedrig. Die Mitmenschen laufen mit grimmig-verbissener Mine herum und ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass es sich hierbei nicht um eine schützende Maske handelt, sondern dass dies tatsächlich der gelebte Alltag ist. Woran liegt es, dass der Mensch – wenn er die Wahl hat zwischen Glück und Unglück – mit sicherem Händchen das Unglück wählt?

Was sind denn die Kernfaktoren, ob wir glücklich oder unglücklich sind? Ich würde mal sagen: Beziehung, Job, soziales Umfeld. Und im Job sehe ich tagaus, tagein Leute im Büro, die keinen Spaß an der Arbeit haben und denen man am Gesicht ansieht, dass sie täglich „ins Bergwerk“ gehen und dort malochen. Im sozialen Umfeld gehen viele her und umgeben sich immer noch mit Menschen, mit denen sie eigentlich wenig bis gar nichts gemein haben, die ihre Interessen nicht teilen und mit denen man in der Regel eine anstrengende Zeit verbringt. Und in der Beziehung?

Ich sehe in meinem Umfeld viele unglückliche Beziehungen. Beziehungen, wo von den Partnern jeder körperliche Kontakt vermieden wird, wo man sich für den anderen nicht interessiert. Wo man quasi „lebenslänglich“ aufoktroyiert bekommen hat und das einfach absitzt. Ein objektiver Betrachter würde wohl sagen: ok, es klappt mit den Beiden ganz einfach nicht, und bevor sie sich noch weiter verletzen wäre es wohl für beide besser, sie gehen auseinander und versuchen ihr Glück bei einem anderen Partner.

In der Praxis ist es aber so, dass solche Menschen 20 und auch mehr Jahre beisammen bleiben und sowohl sich selbst als auch den Partner unglücklich machen – wohlgemerkt einen Menschen, von dem man einmal angenommen hat, dass man ihn liebt und dem man nur Gutes und Glück gewünscht hat. Und diese einstige Liebe wird nun mit Nichtachtung, Nichtkörperlichkeit, Nichtrespekt gestraft. Woher kommt dies? Haben diese Menschen über ihre Ursprungsfamilie gelernt, dass man auf alle Fälle um jeden Preis zusammen bleiben muss, dass einfach „bis zum bitteren Ende“ durchgehalten wird? Hieße, sich von dieser Ansicht emanzipieren und den eigenen Weg suchen und gehen, dass man die Beziehung der eigenen Eltern hinterfragt? Mehr noch, dass man erkennt, dass die eigenen Eltern einen Fehler gemacht haben und man selbst sich das Recht heraus nimmt, es besser zu machen?

Nein, unsereins sagt „Augen zu und durch“. Und immerhin: man selbst hat zwar keine Freude mehr an der Beziehung, aber wenigstens vergällt man auch dem anderen das Leben. Wäre ja noch schöner, wenn’s dem gut geht, wenn’s mir schlecht geht… Rache und Heimzahlung als Dank an den Menschen, den man einst geliebt hat – in meinen Augen wäre ein Ausdruck von „wahrer Liebe“, dass man diesen Menschen dann in Liebe loslässt. Aber mit meiner Meinung stehe ich wohl alleine da. Immerhin, die Selbstgeißelung, wie sie in der Kirche teilweise immer noch betrieben wird, sei’s mit der 9schwänzigen Katze oder dem Büßergürtel ist heutzutage nicht mehr „in“ – wozu sich selbst körperlich kasteien, wenn man sich und andere viel subtiler und nachhaltiger verletzen kann…

… und dann, auf einmal, völlig unerwartet, steht eines schönen Tages das Glück vor einem. Und lächelt einen verheißungsvoll an, man braucht nur noch die Hände ausstrecken und das Glück packen – es wird nicht davon laufen. Keine Anstrengung mehr, kein Schmerz, kein Druck, einfach nur ein gleichberechtigt-wertschätzendes Leben, gepaart mit der Feststellung, dass Körperkontakt etwas sehr anziehendes haben kann und der Erkenntnis, dass man die Finger vom Partner weder lassen kann noch lassen will. Dass Interessen geteilt werden, man am Leben des Anderen Anteil nehmen möchte und nicht Anteil nehmen muss, dass man einfach eine schöne Zeit miteinander verbringt und schlichtweg glücklich ist. So schön kann das Leben sein…

… zu schön, um wahr zu sein? Der misstrauische Teil in uns sucht dann das Haar in der Suppe, denn da muss irgendwo ein Haken sein. Und wenn da weder Haar noch Haken zu finden sind… ja, dann kommt der Gedanke „und was, wenn es eines Tages nicht mehr so ist? Was, wenn ich mein Glück eines Tages verliere? Wenn mein Glück eines Tages erkennt, dass ich es gar nicht verdient habe? Werde ich den Schmerz dann aushalten? Oder ist es nicht besser, von vorne herein das Glück zu vermeiden, denn was ich nie erlebt habe, kann ich hinterher auch nicht vermissen…“

Mag sein, dass ich eine eigenartige Einstellung habe. Aber ich glaube, dass man mir erlebtes Glück nicht mehr wegnehmen kann. Und selbst, wenn ein geliebter Mensch eines Tages nicht mehr Teil meines Lebens sein sollte, so habe ich immer noch die glückliche Zeit, die wir miteinander verbracht haben. Und diesen Schatz kann nichts ersetzen. Ich finde, es ist besser, Glück zu leben und es eines Tages auch wieder gehen zu lassen, als nie Glück gelebt zu haben.

… was aber, wenn jemand meint „mein Glück ist gar nicht relevant, Hauptsache, die anderen sind glücklich“? Nun dieser Mensch hat in meinen Augen etwas sehr wichtiges sehr falsch verstanden. Denn erstens hat jeder Mensch ein Recht darauf, glücklich zu sein. Und noch etwas wichtiges: nur, wenn ich selbst glücklich bin, kann ich auch Glück weiter geben. Wie erfolgreich werde ich sein, wenn ich unglücklich in meinem schwarzen Loch sitze und mit aller Kraft versuche, jemand anders glücklich zu machen, ihn sogar zu seinem Glück zu zwingen? Wird dieser Mensch es dann als Glück sehen, dass sich der andere buchstäblich einen Haxen ausreißt? Oder wird er es vielmehr als Druck, als Zwang empfinden und in Opposition gehen? … und das Rad dreht sich weiter und weiter…

Wenn man sein eigenes Glück hintenan stellt, dann fühlt man sich innerlich leer. Nachdem das natürlich kein angenehmes Gefühl ist, versucht man, das Symptom zu bekämpfen, anstatt dass man die Ursache sucht und dort ansetzt. Aber zum Glück gibt es ja viele Möglichkeiten, um sich vom eigenen Unglück und der eigenen Leere abzulenken, wie zum Beispiel Alkohol, Nikotin, Schokolade und andere Drogen. Natürlich: die Leere ist dann immer noch da. Aber man spürt sie wenigstens nicht mehr…

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