Mittwoch, 22. Juli 2009

The dark side of the Force

“A Jedi uses the Force for knowledge and defense. Never for attack.” Yoda

Manipulation. Gut geschulte Verkäufer, die einem Eskimo eine Kühlkombination aufschwatzen. Pseudowissenschaftlichkeit. Esoterik. Mischung von Platitüden. Das ist ja eine Sekte. Das alles sind Assoziationen, die bei einigen Menschen hochkommen, wenn man drei Buchstaben in den Mund nimmt: NLP…

Über neurolinguistische Programmierung wurde viel geschrieben. Wikipedia sagt über die neurolinguistische Programmierung zB folgendes: „Neurolinguistische Programmierung (kurz NLP) wurde Anfang der 1970er Jahre an der University of California in Santa Cruz von Richard Bandler und John Grinder als neues Verfahren der Kurzzeit-Psychotherapie entwickelt. Sie definierten NLP als das Studium der Struktur subjektiver Erfahrung und der Folgerungen daraus.“ Ich gestehe, unter dieser Definition kann ich mir nur sehr wenig vorstellen, denke aber, dass schon alleine beim Wort „Kurzzeit-Psychotherapie“ bei vielen Menschen eine ganze Armada von Alarmglocken zu läuten beginnt. Wo doch niemand von uns eine Psychotherapie notwendig hat, und schon gar nicht kurzzeitig…

Heutzutage wird NLP oftmals als Kommunikations-Tool angepriesen. Sehr oft auch als „erfolgreich kommunizieren mit NLP“, was unterschwellig mitklingen lässt: wenn du erfolgreich kommunizierst, dann lernst du, dass du deine eigene Meinung durchsetzt. Aber wann kommuniziert man „erfolgreich“? Meiner Meinung nach ist eine Kommunikation dann „erfolgreich“, wenn die Schallwellen und die Gesten, die A produziert, bei B mit dem selben Inhalt ankommen, den A ursprünglich gemeint hat. Und B dann sinngemäß sagen kann „ah, das hast du also damit gemeint“ und A nickt. Wenn also eine Wissensredundanz geschaffen wurde - beide wissen nach der Unterhaltung dasselbe, und damit weiß einer von beiden mehr als vor der Unterhaltung. Das ist doch eigentlich keine schlechte Sache…

Wie transportiert man aber die Schallwellen und die Körpersprache so zu B, damit der nach der Unterhaltung nicht mit lauter Fragezeichen in den Augen da steht? Nun, das geht damit, indem man sich in das Gegenüber hinein versetzt, seine Sprache beobachtet (die nicht nur aus dem tatsächlich gesprochenen Wort besteht) und ihm dann in seiner Sprache die Informationen übermittelt. Emphatisch auf den Gegenüber eingehen und die eigene Sprache so modifizieren, dass sie vom Anderen verstanden wird. Eigentlich auch nix schlechtes…

Nun besteht Kommunikation nicht nur in der Kommunikation mit einem oder mehreren anderen Mitmenschen. Wir kommunizieren auch laufend mit uns selbst. Und diese Qualität der internen Kommunikation prägt auch sehr maßgeblich unsere Kommunikation nach außen. Mein Liebster hat über mich sehr treffend gesagt „du behandelst die Menschen um dich herum ungnädig. Wobei man dir zugestehen muss: du behandelst niemanden schlechter als dich selbst“. Und ich muss zähneknirschend zugeben: er hatte Recht! Der innere Zensor, der auf meiner Schulter sitzt, hat den ganzen lieben langen Tag nur mit mir gekeppelt… „Na, das hast jetzt aber wieder sehr clever gemacht“, „da hast überlegt, wie man das möglichst deppert anstellen kann, weil zufällig passiert dir so was nicht“, „ui, da hamma die Intelligenz aber wieder mal mit dem Löffel gefressen“…

Das Spannende ist: man sieht den Menschen am Gesicht an, ob die innere Kommunikation harmonisch oder zänkisch ist. Schaut mal in den öffentlichen Verkehrsmitteln euren Sitznachbarn an. Sträflingsmiene? Finsterer Blick? Dann kann man sich schon ganz gut vorstellen, was der sich selbst grad an Nettigkeiten an den Kopf wirft…

Ich habe nun also mit einer NLP-Ausbildung begonnen. Und ich habe schon fünf wundervolle Tage voller Lachen, Lernen und Lieben hinter mir und ich freue mich wie ein kleines Kind auf die Tage, die noch kommen werden. Ich habe Muster an mir entdeckt, habe Masken abgenommen und habe einen sehr interessanten Menschen kennen gelernt: mich selbst.

Wenn nun jemand auf mich zukommt und mir sagt „wir waren uns schon einig darüber, dass NLP die dunkle Seite der Macht ist“, dann passieren in mir nun einige interessante Dinge. Statt dass ich sage „wie kannst du so etwas sagen? Hast du dich mit der Materie beschäftigt, sodass du dir eine eigene Meinung darüber bilden kannst? Oder kopierst du nur die Meinung anderer, die du irgendwann mal gehört hast?“ läuft in meinem Kopf nun folgendes Programm ab:

Am Liebsten würde ich nun verbal zurück schlagen. Damit würde ich allerdings selbst zum Täter werden, und die Situation würde nicht besser werden. Dieser Satz löst in mir eine Emotion aus. Spannend – wie fühlt sich das an? Danke, dass du mich auf diese Emotion aufmerksam gemacht hast, daran muss ich noch arbeiten. Habe ich vielleicht den falschen Kanal gewählt, um mich beim anderen verständlich zu machen? Beobachten wir dich noch einmal genauer, was ist dein leading system, was dein Referenzsystem? Kann ich etwas tun, um diese Spannung aus der Unterhaltung rauszunehmen? Gibt es eine Möglichkeit, damit wir uns beide wieder in der Unterhaltung wohler fühlen?

All das läuft nun in einem Sekundenbruchteil ab. Und ich überlege auch „ist das mein Thema, an dem ich arbeiten sollte, oder versucht mein Gegenüber gerade, mir sein Thema umzuhängen?“ – wenn’s meins ist, bedanke ich mich in Gedanken für den Hinweis. Wenn es nicht meines ist, dann nehme ich es auch nicht an, sondern lasse es regelrecht durch mich hindurch gehen.

Entspannt sein. Gelöstheit. Eine innere Stimme, die mit mir gemeinsam lacht. Ein besseres Verständnis für die Mitmenschen. Eine feinere Wahrnehmung. Auch das kann NLP sein. Wenn man sich für „the light side of the Force“ entscheidet…

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