40 Tage, 40 Nächte
Es gibt einige Tage im Jahr, die ich für absolut entbehrlich halte. Dazu zählen unter anderem der Valentinstag, der Superbowl-Sunday und Halloween. Die Mutter aller Unnötigkeiten ist in meinen Augen allerdings der Faschingsdienstag.
Ich habe grundsätzlich nichts gegen den Fasching. Was mir allerdings gegen den Strich geht, ist die Tatsache, dass am Faschingsdienstag alle meinen, dass der helle Wahnsinn ausgebrochen ist, was für Normalsterbliche wie meinereiner, die auch an diesem Dienstag in Ruhe arbeiten wollen und die von Ansprechpersonen Auskünfte wollen, ziemlich lästig sein kann. In Kärnten ist der Faschingsdienstag anscheinend ohnehin der höchste Feiertag des Jahres und auch sonst bekommt man den ganzen Tag über sehr amüsante mails von Kollegen aus anderen Zweigniederlassungen, die sich freiwillig in extrem peinlichen Kostümen fotografieren lassen. Alle Welt hat Spaß. Alle Welt? Nein, ein kleiner, unbeugsamer Haufen trotzt dem Gruppenzwang der Lemminge und läuft nicht mit dem Faschingsumzug mit – sondern hackelt zur Abwechslung was.
Ein weiterer Grund, warum ich den Faschingsdienstag nicht mag, ist die Tatsache, dass er der einzige Tag im Jahr ist, wo ich mich für die Tatsache geniere, dass ich seit gut 30 Jahren in Döbling lebe. Döbling ist in einiger Hinsicht sicher mit Villach vergleichbar: beide so um die 60.000 Einwohner, beides an einem Fluss gelegen, beides mit ein paar Bergerl versehen. Und: sowohl Döbling als auch Villach haben eine eigene Faschingsgilde. Und jeder, der beim berühmten Villacher Fasching schon die Ohren anlegt und die Augen verdreht, wenn das Publikum zum 4.739sten Mal „Lei-Lei“ ruft, der soll sich stets vor Augen halten: es geht noch peinlicher. Der Kampfschrei der Döblinger Faschingsgilde ist nämlich – superoriginell – „Dö-Dö-Bling-Bling“… Ganz schlimm ist, wenn diese Tatsache alle Jahre wieder über den öffentlichrechtlichen Rundfunk verbreitet wird – dann lachen sich nämlich die übrigen 22 Bezirke kropfert über uns und wir armen Döblinger leiden. Nein, Faschingsdienstag ist definitiv nichts für mich.
An dem heutigen Faschingsdienstag ist eine Besonderheit im Tagesablauf: ein Arbeitskollege von mir hat Geburtstag. Das ist grundsätzlich immer etwas Erfreuliches, da es sich in unserer Abteilung eingebürgert hat, dass das Geburtstagskind was Essbares mitbringt. Also gibt es immer entweder Brötchen oder Kuchen und in besonders netten Fällen gibt es beides. Weniger erfreulich ist heute allerdings die Tatsache, dass die übrigen Kollegen Geburtstag mit Fasching verbinden, und mit trötenden Luftpfeifen durch die Gegend wandern. Unter normalen Bedingungen bin ich für so ziemlich jede Dummheit zu haben, aber da ich in letzter Zeit recht viel gearbeitet habe, und demnach übermüdet und überarbeitet bin (wenn ich noch ein bissl nachdenke, fallen mir sicher noch einige Verben ein, die mit „über“ beginnen), habe ich für solchen Krach keinen Nerv. Als mir ein Kollege freudig ins Ohr trötet, knurre ich ihm nur ein kurzes „was is’, hast heute Clown gefrühstückt“ entgegen. Und auch meine Drohung, ihm das Krachzeugs wegzunehmen und einen Knoten rein zu machen, fruchtet nicht sonderlich. Der Kollege trötet munter weiter, ich gehe mit jedem „tröt“ an die Decke und verbreite Misslaune. Wahrscheinlich werde ich eines schönen Tages für mangelnden Humor standrechtlich erschossen – ich überlege also, ob ich nun vorsichtshalber jeden Tag meine Schlafmaske einpacken soll, damit wir im Fall des Falles eine Augenbinde bei der Hand haben, und rätsle, ob mir die Kollegen wohl noch einen letzten Tschik gönnen würden.
Das gute am Faschingsdienstag ist allerdings: er endet um Mitternacht, und dann beginnt der Aschermittwoch – der offizielle Beginn der Fastenzeit, wo das närrische Treiben wieder ein Ende hat. Naja, vielleicht nicht überall – in irgendeiner oberösterreichischen Ortschaft wird der Karneval bis zum Mittag des Aschermittwochs gefeiert und anschließend eine Strohpuppe verbrannt – solche archaischen Rituale will ich aber gar nicht verstehen.
Aschermittwoch… der Tag, wo es in jeder Betriebskantine Heringsschmaus zu essen gibt. Der Beginn der Fastenzeit, wo man sich so als guten Vorsatz etwas vornimmt, auf das man 40 Tage lang verzichtet. Der Eine sagt, dass er das Rauchen einschränkt, der Zweite, dass er weniger Alkohol trinkt, der Dritte, dass er etwas abnehmen möchte. Nun, mit dem Rauchen werd’ ich mir als Nichtraucherin nicht allzu schwer tun, das zählt also nicht als Verzicht. Alkohol möchte ich nicht streichen, weil ich in der Fastenzeit Geburtstag habe und an meinem Geburtstag anstoßen möchte. Und Schokolade zählt im Augenblick in die Kategorie „Medizin“, die kann ich auch nicht streichen. Also habe ich mir überlegt: ich nehme eine Anleihe bei dem Film „40 Tage, 40 Nächte“ mit Josh Hartnett und werde 40 Tage lang auf Sex verzichten…
Jetzt könnte der wohlwollende Leser dieser Zeilen natürlich meinen „ok, Julia, und worin genau besteht jetzt der Unterschied zum restlichen Jahr?“. Ganz einfach, meine Lieben – in der inneren Einstellung… Wenn es das übrige Jahr eine lästige, nervige Tatsache ist, dass ich keinen Sex habe – diese 40 Tage werde ich bewusst keinen Sex haben und mein Zölibat regelrecht zelebrieren. Selbst, wenn auf einmal McDreamy vor meiner Türe stehen und darum betteln sollte. Ich habe meinen Entschluss gefasst und er ist unumstößlich: kein Sex in der Fastenzeit.
Und – wer weiß, vielleicht hilft es, das Universum auf diese Art und Weise ein kleines Bisschen herauszufordern. Denn wie hat es auch schon Annett Louisan so schön gesungen „so viele Dinge bekommt man erst dann, wenn man sie nicht mehr gebrauchen kann...“. Und falls doch McDreamy während der Fastenzeit in mein Leben tritt? Tja, dann, Darling, darfst du dich schon jetzt auf einen heißen Ostersonntag freuen…
Ich habe grundsätzlich nichts gegen den Fasching. Was mir allerdings gegen den Strich geht, ist die Tatsache, dass am Faschingsdienstag alle meinen, dass der helle Wahnsinn ausgebrochen ist, was für Normalsterbliche wie meinereiner, die auch an diesem Dienstag in Ruhe arbeiten wollen und die von Ansprechpersonen Auskünfte wollen, ziemlich lästig sein kann. In Kärnten ist der Faschingsdienstag anscheinend ohnehin der höchste Feiertag des Jahres und auch sonst bekommt man den ganzen Tag über sehr amüsante mails von Kollegen aus anderen Zweigniederlassungen, die sich freiwillig in extrem peinlichen Kostümen fotografieren lassen. Alle Welt hat Spaß. Alle Welt? Nein, ein kleiner, unbeugsamer Haufen trotzt dem Gruppenzwang der Lemminge und läuft nicht mit dem Faschingsumzug mit – sondern hackelt zur Abwechslung was.
Ein weiterer Grund, warum ich den Faschingsdienstag nicht mag, ist die Tatsache, dass er der einzige Tag im Jahr ist, wo ich mich für die Tatsache geniere, dass ich seit gut 30 Jahren in Döbling lebe. Döbling ist in einiger Hinsicht sicher mit Villach vergleichbar: beide so um die 60.000 Einwohner, beides an einem Fluss gelegen, beides mit ein paar Bergerl versehen. Und: sowohl Döbling als auch Villach haben eine eigene Faschingsgilde. Und jeder, der beim berühmten Villacher Fasching schon die Ohren anlegt und die Augen verdreht, wenn das Publikum zum 4.739sten Mal „Lei-Lei“ ruft, der soll sich stets vor Augen halten: es geht noch peinlicher. Der Kampfschrei der Döblinger Faschingsgilde ist nämlich – superoriginell – „Dö-Dö-Bling-Bling“… Ganz schlimm ist, wenn diese Tatsache alle Jahre wieder über den öffentlichrechtlichen Rundfunk verbreitet wird – dann lachen sich nämlich die übrigen 22 Bezirke kropfert über uns und wir armen Döblinger leiden. Nein, Faschingsdienstag ist definitiv nichts für mich.
An dem heutigen Faschingsdienstag ist eine Besonderheit im Tagesablauf: ein Arbeitskollege von mir hat Geburtstag. Das ist grundsätzlich immer etwas Erfreuliches, da es sich in unserer Abteilung eingebürgert hat, dass das Geburtstagskind was Essbares mitbringt. Also gibt es immer entweder Brötchen oder Kuchen und in besonders netten Fällen gibt es beides. Weniger erfreulich ist heute allerdings die Tatsache, dass die übrigen Kollegen Geburtstag mit Fasching verbinden, und mit trötenden Luftpfeifen durch die Gegend wandern. Unter normalen Bedingungen bin ich für so ziemlich jede Dummheit zu haben, aber da ich in letzter Zeit recht viel gearbeitet habe, und demnach übermüdet und überarbeitet bin (wenn ich noch ein bissl nachdenke, fallen mir sicher noch einige Verben ein, die mit „über“ beginnen), habe ich für solchen Krach keinen Nerv. Als mir ein Kollege freudig ins Ohr trötet, knurre ich ihm nur ein kurzes „was is’, hast heute Clown gefrühstückt“ entgegen. Und auch meine Drohung, ihm das Krachzeugs wegzunehmen und einen Knoten rein zu machen, fruchtet nicht sonderlich. Der Kollege trötet munter weiter, ich gehe mit jedem „tröt“ an die Decke und verbreite Misslaune. Wahrscheinlich werde ich eines schönen Tages für mangelnden Humor standrechtlich erschossen – ich überlege also, ob ich nun vorsichtshalber jeden Tag meine Schlafmaske einpacken soll, damit wir im Fall des Falles eine Augenbinde bei der Hand haben, und rätsle, ob mir die Kollegen wohl noch einen letzten Tschik gönnen würden.
Das gute am Faschingsdienstag ist allerdings: er endet um Mitternacht, und dann beginnt der Aschermittwoch – der offizielle Beginn der Fastenzeit, wo das närrische Treiben wieder ein Ende hat. Naja, vielleicht nicht überall – in irgendeiner oberösterreichischen Ortschaft wird der Karneval bis zum Mittag des Aschermittwochs gefeiert und anschließend eine Strohpuppe verbrannt – solche archaischen Rituale will ich aber gar nicht verstehen.
Aschermittwoch… der Tag, wo es in jeder Betriebskantine Heringsschmaus zu essen gibt. Der Beginn der Fastenzeit, wo man sich so als guten Vorsatz etwas vornimmt, auf das man 40 Tage lang verzichtet. Der Eine sagt, dass er das Rauchen einschränkt, der Zweite, dass er weniger Alkohol trinkt, der Dritte, dass er etwas abnehmen möchte. Nun, mit dem Rauchen werd’ ich mir als Nichtraucherin nicht allzu schwer tun, das zählt also nicht als Verzicht. Alkohol möchte ich nicht streichen, weil ich in der Fastenzeit Geburtstag habe und an meinem Geburtstag anstoßen möchte. Und Schokolade zählt im Augenblick in die Kategorie „Medizin“, die kann ich auch nicht streichen. Also habe ich mir überlegt: ich nehme eine Anleihe bei dem Film „40 Tage, 40 Nächte“ mit Josh Hartnett und werde 40 Tage lang auf Sex verzichten…
Jetzt könnte der wohlwollende Leser dieser Zeilen natürlich meinen „ok, Julia, und worin genau besteht jetzt der Unterschied zum restlichen Jahr?“. Ganz einfach, meine Lieben – in der inneren Einstellung… Wenn es das übrige Jahr eine lästige, nervige Tatsache ist, dass ich keinen Sex habe – diese 40 Tage werde ich bewusst keinen Sex haben und mein Zölibat regelrecht zelebrieren. Selbst, wenn auf einmal McDreamy vor meiner Türe stehen und darum betteln sollte. Ich habe meinen Entschluss gefasst und er ist unumstößlich: kein Sex in der Fastenzeit.
Und – wer weiß, vielleicht hilft es, das Universum auf diese Art und Weise ein kleines Bisschen herauszufordern. Denn wie hat es auch schon Annett Louisan so schön gesungen „so viele Dinge bekommt man erst dann, wenn man sie nicht mehr gebrauchen kann...“. Und falls doch McDreamy während der Fastenzeit in mein Leben tritt? Tja, dann, Darling, darfst du dich schon jetzt auf einen heißen Ostersonntag freuen…
drewshine - 5. Feb, 22:02