Dienstag, 9. Oktober 2007

Gesünder leben

Gerade bin ich im online-Standard über einen interessanten Artikel gestolpert: Menschen, deren Beziehung konfliktreich ist und in deren Partnerschaft häufig gestritten und viel kritisiert wird, haben ein um 1/3 höheres Risiko für Herzinfarkt oder Schmerzen in der Brust. Außerdem hat eine Studie ergeben, dass man an gebrochenem Herzen sterben kann.

Puh, da hab ich dann ja ein Massel, dass ich – natürlich streng im Interesse meiner eigenen Gesundheit – als Single mein Dasein friste. Ich genieße das Privileg, selten bis gar nie streiten zu müssen. Im Büro ist es mir die Aufregung und den Ärger nicht wert, da denke ich mir im Bedarfsfall meinen (meist nicht sehr charmanten Teil) über die Kollegen, in der Familie herrscht Harmonie, und meine Freunde liebe ich so, wie sie sind. Und mit mir selbst bin ich zum Glück in der Regel auch einer Meinung, also gerate ich auch mit mir nicht aneinander. Und die Katzen haben ohnehin Narrenfreiheit und immer Recht. Meiner (natürlich sehr subjektiven) Meinung nach kann ich auch mit Kritik gut umgehen, denn wenn sie konstruktiv ist, versuche ich, die Anregungen und Vorschläge umzusetzen, wenn sie destruktiv ist, kommt wieder das oben angeführte zum Zuge: mich drüber ärgern ist mir die Mühe nicht wert. Und so kommt es, dass ich ausgesprochen ausgeglichen und zufrieden mit meiner Welt bin. Die Magengeschwüre sollen bitteschön die Anderen bekommen.



Aber woran liegt’s, dass in unseren Beziehungen soviel gestritten und kritisiert wird? Man verliebt sich, beginnt ein gemeinsames Leben und auf einmal fliegen die Fetzen. Lässt uns die anfängliche Verliebtheit großzügig über Fehler des Partners hinweg sehen, und wirkt der anschließende Beziehungsalltag wie ein Vergrößerungsglas, das alle Schwächen und Fehler des Anderen übernatürlich vergrößert? Vor allem: die ganzen Schwächen und Fehler laufen uns ja nicht von heute auf morgen überraschend zu – die waren ja vorher schon da. Von dem her verstehe ich nicht, warum sich Menschen ineinander verlieben, und dann auf Biegen und Brechen den Partner zu ihrem Idealbild formen wollen.

Alexander Pope hat es sehr treffend formuliert „irren ist menschlich, vergeben göttlich“. Wir alle sind Menschen, und Menschen machen nun mal Fehler. Und ich gestehe sogar, ich mag meine Fehler. Den Einen vielleicht mehr und den Anderen vielleicht weniger, aber jeder Fehler, den ich in meinem Leben begangen habe (und das waren mehr als genug) hat mich ein Stückchen weiter gebracht. Weil ich eben die Art Mensch bin, der nur aus eigenen Fehlern lernt. Und so haben mich die vielen, vielen Fehler, die ich begangen habe, zu dem gemacht, was ich heute bin. Einige meiner Schrulligkeiten sind vielleicht besonders liebenswert, für andere mag man mich sicher erschlagen. Aber ich bin, wie ich bin – und ich versuche jeden Tag, den Menschen aus mir zu formen, der ich sein möchte. … aber ich verbiege mich nicht, um anderen zu gefallen… Ich würde nicht sagen, dass ich meinen Mitmenschen ihre Fehler „vergebe“ (wer bin ich schon, dass ich einem anderen Menschen etwas zu vergeben habe?), aber ich versuche, ihre Fehler als Teil ihrer Persönlichkeit zu sehen. Als diesen einen, besonders individuellen Part ihres Seins, für den ich sie vielleicht ganz speziell schätze.

Ich denke, das Kernproblem ist, dass wir auf der Suche nach dem „perfekten Partner“ sind. Weil wir natürlich der Meinung sind, dass wir selbst so unglaublich toll sind und deshalb einen makellosen Menschen an unserer Seite verdient haben. Wenn dann vom vermeintlichen Traumprinzen der Lack abbröckelt, fühlen wir uns betrogen – weil wir ja in unseren Augen ein Recht auf den perfekten Partner haben. Und uns der Mensch an unserer Seite diesen perfekten Partner vorenthält… Also versuchen wir, unseren Partner umzuerziehen, zuerst auf die freundliche Art, und irgendwann wird der Umgangston etwas rauer und herrischer. Wir nörgeln und werden immer unzufriedener. Und entfernen uns immer mehr von dem Menschen, der wir waren, als sich unser Partner in uns verliebt hat…

Ich finde, jeder sollte die notwendige Größe besitzen, um seine eigenen Fehler zu erkennen und sie – wenn man sie an sich selbst nicht ändern möchte – zu akzeptieren. Und mit dem Wissen, dass man selbst nicht fehler- und makellos ist, muss man tolerieren, dass auch der Partner seine Ecken und Kanten und Eigenheiten hat. Dazu gehört natürlich auch, dass einem für diese Erkenntnis nicht das eigene Ego im Weg steht. Aber wenn man diesen geübt-selbstkritischen Blick an sich selbst anwenden kann, dann glaube ich auch, dass man in der Lage ist, mit einem Augenzwinkern über die Nicht-Makellosigkeit des Partners hinwegzusehen. Denn ich glaube, wenn ich den Menschen an meiner Seite so sehr verändert habe, bis er meinen Erwartungen entspricht – dann ist es nicht mehr der Mensch, in den ich mich verliebt habe. Ich erwarte von meiner Umwelt, dass sie mich so akzeptiert, wie ich bin – im Gegenzug muss ich meinen Mitmenschen aber dieselbe Toleranz entgegenbringen. Alles andere wäre meiner Meinung nach kleingeistig und falsch.

Von dem her habe ich mit mir ausgemacht, dass ich die Menschen so nehmen möchte, wie sie sind – mit allen Vorzügen und Fehlern. Und hoffe, dass sie im Gegenzug das Gleiche mit mir tun. Damit ich nicht eines schönen zukünftigen Tages, wenn ich meinen McDreamy gefunden habe, ihn nicht bei einem Bier zu seinen Kumpels sagen höre: „Es stimmt nicht, dass liierte Männer länger leben – es kommt ihnen lediglich länger vor…“

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