In the neighborhood
Wenn man in einer Stadt wie Wien wohnt, dann hat man mit Sicherheit eines: Nachbarn. Manche sind so wie in der Sendung „Kaisermühlen Blues“, dass sie ständig ihre Nase in anderer Leute Angelegenheiten stecken, anderen hingegen gehen ihre Mitmenschen so am A...llerwertesten vorbei, dass sie nicht mal merken, dass ihr Nachbar schon vier Wochen lang nimmer aus seiner Wohnung raus gekommen ist, und die sich langsam über den eigentümlichen Geruch am Gang wundern.
Ich muss gestehen, ich mag das Haus, in dem ich lebe – wahrscheinlich habe ich einen der schönsten Ausblicke von Wien, wenn ich aus meinem Fenster sehe, habe ich das Gefühl, ich wäre in der Toskana, da ich auf begrünte Innenhöfe und Weinberge blicke. Ich kenne einige meiner Nachbarn namentlich – hauptsächlich ältere Leute, die sich wahnsinnig freuen, wenn ich sie grüße oder kurz mit ihnen plaudere – und einige kenne ich nur vom Sehen. Ich lasse sie ihr Ding machen und begrüße es, wenn sie ihre Nase nicht in meine Angelegenheiten stecken. Alleine durch meine Anwesenheit in dem Haus senke ich den Altersdurchschnitt um gut 30 Jahre, und so bin ich sehr froh, dass meine Nachbarin – die sich mit mir die Penthouseetage teilt – in etwa in meinem Alter ist.
Mein Haus hat allerdings einen entschiedenen Nachteil: es ist Ende der 60er Jahre gebaut worden, und da damals beim sozialen Wohnbau ein bissl bei den Materialien gespart worden ist, sind halt einige Wände wohl tragend, aber nicht sonderlich gut Geräusch gedämmt. Und die Kombination „dünne Wände – junge Nachbarin“ kann Einblicke in das Leben meiner Mitmenschen bieten, auf die ich wirklich nicht neugierig bin…
Eines schönen Sonntagnachmittags sitze ich völlig entspannt vor meinem Fernseher und lasse mich geistlos von der Glotze berieseln… als mir plötzlich ein etwas eigenartiger Ton ins Ohr steigt. Da mein Fernseher schon etwas älter ist, überlege ich, ob dieses komische Geräusch vom Fernseher kommt. Wie finden wir das am Besten raus – nun, wir drehen die Kiste mal ab. Stille in meiner Wohnung – und dieses Geräusch ist immer noch da. Ich schaue etwas ratlos meine Katzen an, als das Geräusch den Charakter etwas verändert. Es wird rhythmischer – und lauter. Das klingt fast so, als… oh mein Gott, das klingt fast so, als ob irgendjemand in diesem Haus Sex hätte. Genauer gesagt, meine Nachbarin. Ich spüre, wie mir kurz die Schamesröte ins Gesicht schießt, fühle ich mich doch irgendwie wie ein Voyeur, der gerade ein Pärchen ertappt hat. Was tut man als brave Nachbarin in diesem Fall? Nun, ich drehe den Fernseher wieder auf und stelle den Ton lauter – vielleicht, weil ich insgeheim hoffe, dass sie sich dann wegen des Krachs in meiner Wohnung beschweren kommt. Ich überlege kurz, ob ich – später natürlich – bei ihr klingeln soll, denke mir dann aber, dass das ja für sie wirken müsste, als ob ich ihr den Spaß nicht gönne (und nach Spaß hat es ja definitiv geklungen). Ich entscheide mich also für das bewusste Ignorieren.
Dummerweise ist es ja mit Geräuschen so, wenn man mal identifiziert hat, was es ist, dann hört man es immer wieder. Und auch ich bemerke also in den folgenden Wochen, dass meine Nachbarin ziemlich… bettaktiv ist. Ab und zu funktioniert es nicht mal mehr mit „Fernseher lauter drehen“, weil der Ton des Fernsehers dann selbst mir schon zu laut ist. Vor allem geht in solchen Situationen auch schon mal die Phantasie mit mir durch (nein, nicht was ihr jetzt alle denkt…), und ich überlege, was frau wohl tun muss, damit ihr Gestöhne so ungefiltert in mein Wohnzimmer gelangen kann. Wahrscheinlich presst sie ihr Gesicht an meine Wand und schreit in die Eternitziegel, anders kann ich mir den Krach nicht erklären.
Vor allem wälze ich einen weiteren Gedanken: was tun, wenn ich selbst mal Gäste hab? Ich denke, ich würde vor Scham im Erdboden versinken, wenn mein Angebeteter bei mir auf der Couch sitzt, ich versuche gerade, charmanten Small-talk zu führen und das Eis zu brechen, und dann beginnt meine Nachbarin nebenan so laut zu stöhnen, dass mein Schwarm denken muss, sie dreht hauptberuflich Hardcore-Pornos. Oh mein Gott, das wäre mir unendlich peinlich. Ich stelle mir auch den Sonntagsbesuch meiner noch-nicht schwerhörigen Omi als sehr spannend vor, wenn sie über ihrem koffeinfreien Kaffe meint „Julchen, was ist denn das für ein komisches Geräusch“ und ich mich dann auf die Katze ausrede. Un-sag-bar peinlich…
Eines Abends ist mir der Krach im Wohnzimmer zu laut, und ich mache das, was man als tolerante Nachbarin in diesem Fall so tut: ich flüchte ins Schlafzimmer. Dort hab ich ja schließlich auch einen Fernseher, und mit einem Zimmer „Puffer“ zwischen mir und meiner hyperaktiven Nachbarin sollte es ja schließlich funktionieren. Ich habe nur eines nicht bedacht: auf der Nebenstiege wohnt auch ein junges Pärchen, die Wände zur Nebenstiege sind genauso dünn wie die zwischen meiner Nachbarin und mir – und dieses Paar hat natürlich auch gerade jetzt, in diesem Augenblick Sex… Was ist, bin ich die Einzige in unserem Haus, die grad mal enthaltsam lebt? Und dem Geräusch nach zu urteilen schafft das zweite Nachbarspaar sogar einige Durchgänge hintereinander – ich hasse es, wenn sie so angeben…
Die sehr kurzen Single-Phasen meiner Nachbarin genieße ich zugegeben sehr. Aber mittlerweile hat sie wieder einen neuen Lover. Ich selbst hab ihn noch nie gesehen. Ich höre ihn auch nicht – ich höre lediglich sie, wenn sie seine Qualitäten in den höchsten und lautesten Tönen preist. Seit gestern Abend habe ich massive Angst um meine Sammlung mundgeblasener Riedl-Gläser, denn da hat in der Hitze des Gefechtes das Bettgestell so lautstark gegen meine Wand geschlagen, dass die Gläser in der Vitrine zu klirren begonnen haben.
Vielleicht sollte ich sie bitten, dass sie das Bett auf die andere Seite des Zimmers rückt?
Ich muss gestehen, ich mag das Haus, in dem ich lebe – wahrscheinlich habe ich einen der schönsten Ausblicke von Wien, wenn ich aus meinem Fenster sehe, habe ich das Gefühl, ich wäre in der Toskana, da ich auf begrünte Innenhöfe und Weinberge blicke. Ich kenne einige meiner Nachbarn namentlich – hauptsächlich ältere Leute, die sich wahnsinnig freuen, wenn ich sie grüße oder kurz mit ihnen plaudere – und einige kenne ich nur vom Sehen. Ich lasse sie ihr Ding machen und begrüße es, wenn sie ihre Nase nicht in meine Angelegenheiten stecken. Alleine durch meine Anwesenheit in dem Haus senke ich den Altersdurchschnitt um gut 30 Jahre, und so bin ich sehr froh, dass meine Nachbarin – die sich mit mir die Penthouseetage teilt – in etwa in meinem Alter ist.
Mein Haus hat allerdings einen entschiedenen Nachteil: es ist Ende der 60er Jahre gebaut worden, und da damals beim sozialen Wohnbau ein bissl bei den Materialien gespart worden ist, sind halt einige Wände wohl tragend, aber nicht sonderlich gut Geräusch gedämmt. Und die Kombination „dünne Wände – junge Nachbarin“ kann Einblicke in das Leben meiner Mitmenschen bieten, auf die ich wirklich nicht neugierig bin…
Eines schönen Sonntagnachmittags sitze ich völlig entspannt vor meinem Fernseher und lasse mich geistlos von der Glotze berieseln… als mir plötzlich ein etwas eigenartiger Ton ins Ohr steigt. Da mein Fernseher schon etwas älter ist, überlege ich, ob dieses komische Geräusch vom Fernseher kommt. Wie finden wir das am Besten raus – nun, wir drehen die Kiste mal ab. Stille in meiner Wohnung – und dieses Geräusch ist immer noch da. Ich schaue etwas ratlos meine Katzen an, als das Geräusch den Charakter etwas verändert. Es wird rhythmischer – und lauter. Das klingt fast so, als… oh mein Gott, das klingt fast so, als ob irgendjemand in diesem Haus Sex hätte. Genauer gesagt, meine Nachbarin. Ich spüre, wie mir kurz die Schamesröte ins Gesicht schießt, fühle ich mich doch irgendwie wie ein Voyeur, der gerade ein Pärchen ertappt hat. Was tut man als brave Nachbarin in diesem Fall? Nun, ich drehe den Fernseher wieder auf und stelle den Ton lauter – vielleicht, weil ich insgeheim hoffe, dass sie sich dann wegen des Krachs in meiner Wohnung beschweren kommt. Ich überlege kurz, ob ich – später natürlich – bei ihr klingeln soll, denke mir dann aber, dass das ja für sie wirken müsste, als ob ich ihr den Spaß nicht gönne (und nach Spaß hat es ja definitiv geklungen). Ich entscheide mich also für das bewusste Ignorieren.
Dummerweise ist es ja mit Geräuschen so, wenn man mal identifiziert hat, was es ist, dann hört man es immer wieder. Und auch ich bemerke also in den folgenden Wochen, dass meine Nachbarin ziemlich… bettaktiv ist. Ab und zu funktioniert es nicht mal mehr mit „Fernseher lauter drehen“, weil der Ton des Fernsehers dann selbst mir schon zu laut ist. Vor allem geht in solchen Situationen auch schon mal die Phantasie mit mir durch (nein, nicht was ihr jetzt alle denkt…), und ich überlege, was frau wohl tun muss, damit ihr Gestöhne so ungefiltert in mein Wohnzimmer gelangen kann. Wahrscheinlich presst sie ihr Gesicht an meine Wand und schreit in die Eternitziegel, anders kann ich mir den Krach nicht erklären.
Vor allem wälze ich einen weiteren Gedanken: was tun, wenn ich selbst mal Gäste hab? Ich denke, ich würde vor Scham im Erdboden versinken, wenn mein Angebeteter bei mir auf der Couch sitzt, ich versuche gerade, charmanten Small-talk zu führen und das Eis zu brechen, und dann beginnt meine Nachbarin nebenan so laut zu stöhnen, dass mein Schwarm denken muss, sie dreht hauptberuflich Hardcore-Pornos. Oh mein Gott, das wäre mir unendlich peinlich. Ich stelle mir auch den Sonntagsbesuch meiner noch-nicht schwerhörigen Omi als sehr spannend vor, wenn sie über ihrem koffeinfreien Kaffe meint „Julchen, was ist denn das für ein komisches Geräusch“ und ich mich dann auf die Katze ausrede. Un-sag-bar peinlich…
Eines Abends ist mir der Krach im Wohnzimmer zu laut, und ich mache das, was man als tolerante Nachbarin in diesem Fall so tut: ich flüchte ins Schlafzimmer. Dort hab ich ja schließlich auch einen Fernseher, und mit einem Zimmer „Puffer“ zwischen mir und meiner hyperaktiven Nachbarin sollte es ja schließlich funktionieren. Ich habe nur eines nicht bedacht: auf der Nebenstiege wohnt auch ein junges Pärchen, die Wände zur Nebenstiege sind genauso dünn wie die zwischen meiner Nachbarin und mir – und dieses Paar hat natürlich auch gerade jetzt, in diesem Augenblick Sex… Was ist, bin ich die Einzige in unserem Haus, die grad mal enthaltsam lebt? Und dem Geräusch nach zu urteilen schafft das zweite Nachbarspaar sogar einige Durchgänge hintereinander – ich hasse es, wenn sie so angeben…
Die sehr kurzen Single-Phasen meiner Nachbarin genieße ich zugegeben sehr. Aber mittlerweile hat sie wieder einen neuen Lover. Ich selbst hab ihn noch nie gesehen. Ich höre ihn auch nicht – ich höre lediglich sie, wenn sie seine Qualitäten in den höchsten und lautesten Tönen preist. Seit gestern Abend habe ich massive Angst um meine Sammlung mundgeblasener Riedl-Gläser, denn da hat in der Hitze des Gefechtes das Bettgestell so lautstark gegen meine Wand geschlagen, dass die Gläser in der Vitrine zu klirren begonnen haben.
Vielleicht sollte ich sie bitten, dass sie das Bett auf die andere Seite des Zimmers rückt?
drewshine - 22. Aug, 20:03