Montag, 9. Juli 2007

Ladies' night

Geburtstagsfeiern können etwas unglaublich Ödes sein – besonders, wenn sie unter einem speziellen „Motto“ stehen. Entweder, man beraubt die Gäste jedweder Individualität, indem man sie in eine Kleiderordnung zwängt (à la „Black and White“ oder „Hawaiianischer Abend“ – von Togaparties spreche ich da gar nicht) oder man verordnet ein kollektives Lustigsein in Richtung Gesellschaftsspiele gehend… Ich finde Parties mit einem Motto schlichtweg schrecklich.

Ulrich verpasst seiner Geburtstagsparty auch ein Motto: „alle-tollen-Singlefrauen-die-ich-kenne-werden-verkuppelt“ – meine überschäumende Begeisterung kann sich jeder lebhaft vorstellen, vor allem, wo ich doch ein stadtbekannter Feind von irgendwelchen Kuppelveranstaltungen bin. Wobei ich Ulrich eines zugute halten muss: seine Parties sind schon im Vorfeld irre lustig. Ich erinnere mich, dass wir heuer im Frühjahr zum ersten Mal über diese Party gesprochen haben. Er hat mich regelrecht interviewt, was ich an einem Mann toll finde und welche Eigenschaften „Mr. Right“ für mich haben muss und – er hat sich Notizen dabei gemacht… Recherchieren kann er, das muss der Neid ihm lassen. Er schwärmt mir auch von seiner Idee vor, eine Junggesellenauktion durchzuführen – der Erlös soll an seine Putzfrau gehen, die solange für ihn arbeitet, bis sie sich ein Haus auf den Philippinen leisten kann. Ich werfe ein „der Vorsatz, deine Putzfee zu sponsern, ist ein herer, aber ich finde eine Junggesellenauktion ist etwas erniedrigendes“. Ulrich sieht das Ganze lockerer und meint „ach Julia, die Jungs halten das schon aus, die stellen sich gerne mit entblößtem Oberkörper vor euch Frauen“. Eilig korrigiere ich „nicht für die Jungs erniedrigend – für uns Frauen! Ich möchte, dass ein Mann einen Abend mit mir verbringt, weil ich die umwerfendste und hinreißendste Frau für ihn auf dieser Party bin – und nicht, weil ich dafür bezahlt habe, dass er nett zu mir ist!“. Das Argument sitzt und ich ringe Ulrich das Indianerehrenwort ab „keine Junggesellenauktion“. Damit die Putzfrau dennoch zu ihrem Haus kommt, wird ein Spendenkonto eingerichtet.

Auch sonst sind wir, Ulrichs Freunde, stets in die Partyplanung eingebunden: ständig kommen irgendwelche SMS, zum Beispiel mit „ich suche ein witziges Wort für geistreich und wortgewandt“ ohne, dass frau weiß, wofür Ulrich das gerade braucht. Ich smse einfach „goschert?“ zurück und frage mich, ob ich den tieferen Hintergrund dieser Aktion wohl in diesem Leben noch erfahren werde und ob meine Antwort wohl zur Fragestellung paßt.

Auch am Vornachmittag der Party können wir Ulrich noch helfen, indem wir die von ihm ausgewählten Singlemänner auf Herz und Nieren testen – von den 50 angekündigten Herren kreuzen zwar lediglich 9 auf, aber mit diesen Neun verbringen wir einen irre lustigen Nachmittag, meiner Meinung nach ist es unmöglich, diesen Spaß am Abend noch zu toppen.

Ulrich nimmt die Sache mit dem Spaß allerdings todernst und ich bin beeindruckt, was er alles auf die Füße gestellt hat, um seinen Gästen eine fulminante Feier zu bieten: ein Digeridoo-Spieler, eine lebende Statue, eine Dame, die nach eigener Auskunft von der Venus kommt und Namenshoroskope erstellt, und Gerüchten zufolge treiben sich auch die Bandmitglieder der berühmt-berüchtigten Metalband Ded Paradeis auf dem Gelände herum – da fühlt frau sich doch gleich so richtig als Groupie…

Vorher muss jedoch noch ein bisschen mitgearbeitet werden – die Jungs, die am Nachmittag den beinharten Lovertauglichkeitstest absolviert haben, müssen noch mit ihrem Stempel versehen werden, der ihnen das Anbandeln bei den Damen erleichtern soll: ah ja, nun sehe ich auch, wofür Ulrich meine Wortspende benötigt hat – auf einem dieser Stempel steht in Großbuchstaben „goschert“, jetzt wird mir alles klar. Nach getaner Arbeit versuche ich mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Nein, nicht das Sondieren der zahlreichen Singleherren wie alle nun denken mögen, ich funktioniere viel simpler… ich bin auf der Suche nach der Bar.

Bei der Bar treffe ich drei meiner Nachmittagsjungs, und ich tue das, was ich am Allerbesten kann: ich sekkiere die Herren so lange, bis es einem zu dumm wird und er mir einen Drink mischt. Puh, auf den Cocktail wirst ja blind, der besteht ja nur aus purem Alkohol. Naja, betrachten wir es positiv: braucht man weniger von dem Zeug, um glücklich zu werden…

Nach einem ausgiebigen Blick in die Runde orte ich einige vertraute Gesichter und geselle mich zum Small-Talken zu ihnen. Dann muss natürlich auch die Venusierin getestet werden und ob das Namenshoroskop auch etwas kann – ich bewundere den Mut dieser Frau: ich würde nie im Leben knallblau bemalt bei einer Party herumlaufen und wenn ich auf die Frage nach dem Geburtsjahr die Antwort „’74“ bekomme, nachhaken „ich nehme an, du meinst 1974, wir auf der Venus haben ja eine ganz andere Zeitrechnung. Ich muss das präzise eingeben, sonst irren sich die Kolleginnen oben“.

Um 22 Uhr beginnt ein weiteres Highlight der Party: Ulrich hat einen Raum für Speed-Dating hergerichtet. Ich halte nicht sehr viel vom Speed-Daten, seitdem ich in einer Folge von Sex & the City gesehen habe, dass Frauen sich bei solchen Veranstaltungen eher „downgraden“ müssen, um eine Verabredung zu bekommen, wohingegen sich die Männer eher „upgraden“. Ich stelle aber fest, dass ich so ziemlich die Einzige bin, die eine Abneigung gegen’s Speed-Dating hat, denn der Raum ist stets bummvoll und die Leute amüsieren sich sichtlich dabei.

Kurz nach Mitternacht bestätigt sich das Gerücht: Ded Paradeis ist tatsächlich auf der Party anwesend und einige Bandmitglieder schwingen eine Rede, die sie mit der Bitte beenden, wir mögen doch unsere Stimme einem höheren Zwecke widmen – es seien Mikrofone im Raum aufgestellt, und wir sollen – so, wie es sonst nur auf Konzerten üblich ist – etwas rufen. Nun ja, auf Konzerten ruft das Publikum in der Regel „Zu-ga-be“, wir sollen „Pa-ra-deis“ brüllen. Kein Problem, das können wir – lautstark schreien wir die Halle des Springer Schlößl’s zusammen.



Ich bin an diesem Abend gezwungen, meine Meinung über Parties mit Motto zu revidieren – eine Party hängt nicht vom Motto ab, sondern sie lebt und stirbt mit ihrem Gastgeber – in diesem Sinne, lieber Ulrich: Chapeau vor dem, was du da auf die Beine gestellt hast. Deine Party war ein Riesenerfolg, und ich freue mich schon jetzt auf die nächstjährige Party mit Motto – was das angeht, bin ich nun bekehrt und zu jeder Schandtat bereit – wenn alle Stricke reißen würde ich mich sogar in ein Hawaiihemd werfen.

Ach ja, ich hab auf dieser Party sogar jemanden kennen gelernt – ein ganz ein witziges Mädel, mit der ich herrlich die Leute ausstallieren konnte…

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