Mit den Waffen einer Frau
Die Männerwelt unterstellt uns Frauen ja sehr gerne, wir seien manipulierend, berechnend, auf unseren eigenen Vorteil bedacht – schlichtweg, dass in jeder Frau grundsätzlich eine Hyäne steckt, die den Mann bei jeder Gelegenheit über den Tisch ziehen möchte. Ja, liebe Männer, es stimmt, solche Frauen gibt es. Aber wir sind nicht alle so. Es gibt ja auch schließlich mehr als genug Männer, die ihre Frauen auf welche Art auch immer linken, und wir unterstellen auch nicht, dass alle Männer Schweine sind.
In jedem Menschen steckt irgendwo ein kleiner Egoist, der natürlich darauf bedacht ist, seinen persönlichen Nutzen zu maximieren – daran finde ich auch nichts Verwerfliches, solange man dabei nicht über Leichen geht. Und im Laufe des Lebens erlernt man natürlich die eine oder andere Strategie, mit der man leichter zum gewünschten Erfolg kommt.
Ich halte nichts davon, wenn frau im Bedarfsfall kräftig auf die Tränendrüse drückt, aber man kann sagen, dass ich ab und zu ein kleines Bisschen schauspielere… Nein, nicht das, was jetzt alle denken (hallo Mädels, schon mal dran gedacht, dass das ziemlich kontraproduktiv ist – wie soll denn der arme Kerl je lernen, dass das, was er grad macht, nicht sonderlich Ziel führend ist, wenn er kein entsprechendes Feedback bekommt. Vielleicht wäre er ja willens, etwas Neues auszuprobieren…). Aber manchmal hilft es, wenn man einen kleinen, dramatischen Auftritt hinlegt – und ja, es macht auch einen Riesenspaß…
2001 – das Jahr, in dem die Neckholder-Tops in waren. Super für Mädels, die sonst gerne zum Wonderbra gegriffen haben, um der Natur etwas nachzuhelfen. Blöd für Frauen wie mich, die sich schon beim normalen BH bei Palmers fragen, warum zum Henker die Dinger bei 85 C noch immer gepaddet sind – als ob da nicht schon genug da wäre, da muss man nicht noch mehr herzaubern… Aber wie alle Modelemminge bin auch ich brav der Masse nachgelaufen und habe natürlich auch Neckholders getragen – und hoffentlich habe ich den Männern damals eine gehörige Freude bereitet.
Zu jener Zeit habe ich auch ein uraltes Auto gefahren, einen Opel Ascona, Baujahr 1984, keine Klimaanlage, keine Servolenkung (oh ja, seitdem kann ich einparken) und ein 4-Gang-Getriebe. Geschluckt hat mein Süßer damals so 10 l Super-plus mit Bleiadditiv auf 100 km, ich konnte ihn also ruhigen Gewissens „meine rollende Spardose“ nennen. Aber immerhin, gefahren ist der Kübel. Und ich habe in dieser Zeit auch einiges über Technik gelernt, zB Kühlwasser auffüllen und Ölstand kontrollieren. Das Einzige, was ich immer verweigert habe, war Reifen wechseln (ist ja bekanntlich so wahnsinnig schlecht für die Fingernägel), da war zum Glück mein Dad immer mein Ritter der Landstraße, der sich darum gekümmert hat.
Das Auto ist also schon ziemlich alt, und bei alten Autos ist es halt nun mal so, dass sie immer wieder eigenartige Geräusche von sich geben. Solange der ÖAMTC aber jedes Jahr anstandslos das Pickerl hergibt, braucht man sich um solche Geräusche keinen Kopf machen. Mir fällt allerdings auf, dass mein Opel mit der Zeit zunehmend zu scheppern beginnt. Wobei es mir nicht möglich ist zu identifizieren, woher dieses Scheppern eigentlich kommt. Der Motor ist’s nicht (Öl ist ja drinnen), der Kühler auch nicht, und – ganz ehrlich – so viele bewegliche Teile hat die uralte Karre gar nicht drin, die hätten scheppern können.
Eines schönen Abends im Mai oder Juni fahre ich abends von der Uni Richtung nachhause. Es ist ein lauer Spätfrühlings- oder Frühsommerabend, und ich trage zur Feier des Tages sandfarbene Jeans und dazu ein schwarzes Neckholder-Top – wenn ich die glänzenden Augen meiner Herren Mitstudenten richtig gedeutet habe, dürfte der Anblick eine gewisse Freude bereitet haben. Zusätzlich habe ich meinen Luxuskörper noch auf 10-cm-Heels gehievt – oh ja, das Outfit schreit förmlich „Tussi“. Es ist schon gegen 21 Uhr, als ich feststelle „mein Auto scheppert mittlerweile schon ziemlich laut – der Zeitpunkt wäre wohl sehr geeignet, um damit zu beginnen, sich Sorgen zu machen“. Tja, was tun um 21 Uhr wenn der Kübel geneigt ist, in die Knie zu gehen?
Zum Glück fällt mir ein, dass der Opel in der Muthgasse im 19. Bezirk eine Nachtwerkstatt hat, also fahre ich vorsichtig dort hin. Vor dem Betreten der Werkstatt noch ein kurzer Blick in den Spiegel – ja, das Aussehen muss reichen, schöner werd’ ich um die Uhrzeit nicht mehr werden. Ich trippsle also auf meinen Heels in die Halle und suche mir eine Ansprechperson „Guten Abend, gnä’ Frau, wie kann ich ihnen helfen?“. Ich setze meinen großen Kulleraugenblick auf, lächle (wie gut, dass ich den Neckholder vorher noch ein kleines Bisschen nach unten gezupft habe) und erkläre mein Problem „ja, wissen sie, mein Auto gibt beim Fahren so eigenartige Geräusche von sich – ich mein, ich weiß schon, er ist alt, aber jetzt beim Heimfahren ist es doch ziemlich laut geworden und ich kann mir gar nicht erklären, woher das kommt…“. Mein Kulleraugenblick bekommt die Note „hilflose Maid sucht furchtlosen Ritter“ dazuverpasst und ich lächle Hilfe suchend.
Der Herr vom Service winkt einen Mechaniker zu sich „Geh, Ernst, kannst amal schau’n, was es mit dem Auto von der Lady auf sich hat?“. Ich bemühe mich in der Zwischenzeit, um nicht laut loszulachen – das wäre ganz schlecht für meine „hilfloses Rehlein“-Masche. Natürlich lächle ich auch Ernst mit Bambi-Blick an. Ernst ist aber entweder immun gegen Frauen in Not oder aber nur einfach schon unwillig. Knurrend und brummelnd trottet er mit mir im Schlepptau zu einer Hebebühne und hievt den Ascona in die Höhe. Ein paar Blicke und Ernst stellt fest „Ihre Stoßdämpfer sind grad dabei, sich zu verabschieden – die werden grad noch von einer halben Umdrehung davon abgehalten, sich in Luft aufzulösen“, er schnappt sich sein Werkzeug und beginnt wie ein Wilder herumzuzangeln. ‚Na fesch’, denke ich mir und beginne im Geiste zu rechnen, was das wohl kosten wird – eine halbe Stunde Mechaniker, Nachtzuschlag, ein bissl Schmiermittel und was sonst noch so alles dazu gehört… man gönnt sich ja sonst nix, stelle ich etwas resignierend fest. Nach einer halben Stunde gibt mich Ernst mitsamt meinem Auto wieder beim Service ab und trollt sich.
Gut, bringen wir’s hinter uns: ich lächle den Herrn vom Service wieder an und stelle die Frage aller Fragen „gut, was bin ich ihnen für die nächtliche Rettungsaktion schuldig?“. Mein vis-a-vis grinst mich breit an und meint „nichts, Gnädigste, das geht aufs Haus!“. Jetzt hat’s der gute Mann doch glatt geschafft, dass ich kurz sprachlos bin. Ich versuche es nochmals (diesmal ohne Bambi-Blick, sondern wirklich seriös) „nein, das geht nicht – ihr Mann hat ja eine halbe Stunde gewerkt und hat auch sicher einiges an Material verbraucht“. „Es war ohnehin nichts zu tun und – dafür sind wir ja schließlich da“ winkt er ab. Ich krame einen Hundert-Schilling-Schein aus meiner Geldbörse und bitte den Servicemitarbeiter, dem Mechaniker wenigstens mein Trinkgeld zu geben, bedanke mich aufrichtig und fahre nachhause.
Am Heimweg überlege ich kurz, ob nun wohl ein schlechtes Gewissen angebracht wäre. Ich habe mit den billigsten Tricks gearbeitet, und der gute Mann vom Opel hat sich so gefreut, dass er mir helfen kann… Nie wieder werde ich die Ritter der Landstraße so schamlos ausnützen, soviel steht fest.
In jedem Menschen steckt irgendwo ein kleiner Egoist, der natürlich darauf bedacht ist, seinen persönlichen Nutzen zu maximieren – daran finde ich auch nichts Verwerfliches, solange man dabei nicht über Leichen geht. Und im Laufe des Lebens erlernt man natürlich die eine oder andere Strategie, mit der man leichter zum gewünschten Erfolg kommt.
Ich halte nichts davon, wenn frau im Bedarfsfall kräftig auf die Tränendrüse drückt, aber man kann sagen, dass ich ab und zu ein kleines Bisschen schauspielere… Nein, nicht das, was jetzt alle denken (hallo Mädels, schon mal dran gedacht, dass das ziemlich kontraproduktiv ist – wie soll denn der arme Kerl je lernen, dass das, was er grad macht, nicht sonderlich Ziel führend ist, wenn er kein entsprechendes Feedback bekommt. Vielleicht wäre er ja willens, etwas Neues auszuprobieren…). Aber manchmal hilft es, wenn man einen kleinen, dramatischen Auftritt hinlegt – und ja, es macht auch einen Riesenspaß…
2001 – das Jahr, in dem die Neckholder-Tops in waren. Super für Mädels, die sonst gerne zum Wonderbra gegriffen haben, um der Natur etwas nachzuhelfen. Blöd für Frauen wie mich, die sich schon beim normalen BH bei Palmers fragen, warum zum Henker die Dinger bei 85 C noch immer gepaddet sind – als ob da nicht schon genug da wäre, da muss man nicht noch mehr herzaubern… Aber wie alle Modelemminge bin auch ich brav der Masse nachgelaufen und habe natürlich auch Neckholders getragen – und hoffentlich habe ich den Männern damals eine gehörige Freude bereitet.
Zu jener Zeit habe ich auch ein uraltes Auto gefahren, einen Opel Ascona, Baujahr 1984, keine Klimaanlage, keine Servolenkung (oh ja, seitdem kann ich einparken) und ein 4-Gang-Getriebe. Geschluckt hat mein Süßer damals so 10 l Super-plus mit Bleiadditiv auf 100 km, ich konnte ihn also ruhigen Gewissens „meine rollende Spardose“ nennen. Aber immerhin, gefahren ist der Kübel. Und ich habe in dieser Zeit auch einiges über Technik gelernt, zB Kühlwasser auffüllen und Ölstand kontrollieren. Das Einzige, was ich immer verweigert habe, war Reifen wechseln (ist ja bekanntlich so wahnsinnig schlecht für die Fingernägel), da war zum Glück mein Dad immer mein Ritter der Landstraße, der sich darum gekümmert hat.
Das Auto ist also schon ziemlich alt, und bei alten Autos ist es halt nun mal so, dass sie immer wieder eigenartige Geräusche von sich geben. Solange der ÖAMTC aber jedes Jahr anstandslos das Pickerl hergibt, braucht man sich um solche Geräusche keinen Kopf machen. Mir fällt allerdings auf, dass mein Opel mit der Zeit zunehmend zu scheppern beginnt. Wobei es mir nicht möglich ist zu identifizieren, woher dieses Scheppern eigentlich kommt. Der Motor ist’s nicht (Öl ist ja drinnen), der Kühler auch nicht, und – ganz ehrlich – so viele bewegliche Teile hat die uralte Karre gar nicht drin, die hätten scheppern können.
Eines schönen Abends im Mai oder Juni fahre ich abends von der Uni Richtung nachhause. Es ist ein lauer Spätfrühlings- oder Frühsommerabend, und ich trage zur Feier des Tages sandfarbene Jeans und dazu ein schwarzes Neckholder-Top – wenn ich die glänzenden Augen meiner Herren Mitstudenten richtig gedeutet habe, dürfte der Anblick eine gewisse Freude bereitet haben. Zusätzlich habe ich meinen Luxuskörper noch auf 10-cm-Heels gehievt – oh ja, das Outfit schreit förmlich „Tussi“. Es ist schon gegen 21 Uhr, als ich feststelle „mein Auto scheppert mittlerweile schon ziemlich laut – der Zeitpunkt wäre wohl sehr geeignet, um damit zu beginnen, sich Sorgen zu machen“. Tja, was tun um 21 Uhr wenn der Kübel geneigt ist, in die Knie zu gehen?
Zum Glück fällt mir ein, dass der Opel in der Muthgasse im 19. Bezirk eine Nachtwerkstatt hat, also fahre ich vorsichtig dort hin. Vor dem Betreten der Werkstatt noch ein kurzer Blick in den Spiegel – ja, das Aussehen muss reichen, schöner werd’ ich um die Uhrzeit nicht mehr werden. Ich trippsle also auf meinen Heels in die Halle und suche mir eine Ansprechperson „Guten Abend, gnä’ Frau, wie kann ich ihnen helfen?“. Ich setze meinen großen Kulleraugenblick auf, lächle (wie gut, dass ich den Neckholder vorher noch ein kleines Bisschen nach unten gezupft habe) und erkläre mein Problem „ja, wissen sie, mein Auto gibt beim Fahren so eigenartige Geräusche von sich – ich mein, ich weiß schon, er ist alt, aber jetzt beim Heimfahren ist es doch ziemlich laut geworden und ich kann mir gar nicht erklären, woher das kommt…“. Mein Kulleraugenblick bekommt die Note „hilflose Maid sucht furchtlosen Ritter“ dazuverpasst und ich lächle Hilfe suchend.
Der Herr vom Service winkt einen Mechaniker zu sich „Geh, Ernst, kannst amal schau’n, was es mit dem Auto von der Lady auf sich hat?“. Ich bemühe mich in der Zwischenzeit, um nicht laut loszulachen – das wäre ganz schlecht für meine „hilfloses Rehlein“-Masche. Natürlich lächle ich auch Ernst mit Bambi-Blick an. Ernst ist aber entweder immun gegen Frauen in Not oder aber nur einfach schon unwillig. Knurrend und brummelnd trottet er mit mir im Schlepptau zu einer Hebebühne und hievt den Ascona in die Höhe. Ein paar Blicke und Ernst stellt fest „Ihre Stoßdämpfer sind grad dabei, sich zu verabschieden – die werden grad noch von einer halben Umdrehung davon abgehalten, sich in Luft aufzulösen“, er schnappt sich sein Werkzeug und beginnt wie ein Wilder herumzuzangeln. ‚Na fesch’, denke ich mir und beginne im Geiste zu rechnen, was das wohl kosten wird – eine halbe Stunde Mechaniker, Nachtzuschlag, ein bissl Schmiermittel und was sonst noch so alles dazu gehört… man gönnt sich ja sonst nix, stelle ich etwas resignierend fest. Nach einer halben Stunde gibt mich Ernst mitsamt meinem Auto wieder beim Service ab und trollt sich.
Gut, bringen wir’s hinter uns: ich lächle den Herrn vom Service wieder an und stelle die Frage aller Fragen „gut, was bin ich ihnen für die nächtliche Rettungsaktion schuldig?“. Mein vis-a-vis grinst mich breit an und meint „nichts, Gnädigste, das geht aufs Haus!“. Jetzt hat’s der gute Mann doch glatt geschafft, dass ich kurz sprachlos bin. Ich versuche es nochmals (diesmal ohne Bambi-Blick, sondern wirklich seriös) „nein, das geht nicht – ihr Mann hat ja eine halbe Stunde gewerkt und hat auch sicher einiges an Material verbraucht“. „Es war ohnehin nichts zu tun und – dafür sind wir ja schließlich da“ winkt er ab. Ich krame einen Hundert-Schilling-Schein aus meiner Geldbörse und bitte den Servicemitarbeiter, dem Mechaniker wenigstens mein Trinkgeld zu geben, bedanke mich aufrichtig und fahre nachhause.
Am Heimweg überlege ich kurz, ob nun wohl ein schlechtes Gewissen angebracht wäre. Ich habe mit den billigsten Tricks gearbeitet, und der gute Mann vom Opel hat sich so gefreut, dass er mir helfen kann… Nie wieder werde ich die Ritter der Landstraße so schamlos ausnützen, soviel steht fest.
drewshine - 10. Mai, 21:22