Schlampen unter sich
Wann bezeichnet man eine Frau als Schlampe? Wenn sie ein unordentlicher, liederlicher Mensch ist? Wenn sie nur sehr kurze Beziehungen zu Männern unterhält? Oder wenn sie dem ältesten Gewerbe der Welt nachgeht?
Nun ja, Milena Moser hat in ihrem Buch „Schlampenyoga“ den Begriff „Schlampe“ eher für eine chaotische Frau verwendet, die in ihrem unordentlichen Leben auf der Suche nach der Erleuchtung ist. Einer meiner Lieblingssätze in diesem Buch ist die Frage, woran man nach der Meinung von Frau Moser eine Schlampe erkennt. Nun, man kann nicht nur von ihrem Boden essen, sondern sich sogar ein mehrgängiges Menü zusammenstellen… Ich hatte aber unlängst einen Schlampenabend der etwas anderen Art.
Eine Freundin berichtet mir, dass eine Autorin ein neues Buch veröffentlicht – „Wiener Schlampengeschichten“. Das Buch handelt von den Erinnerungen und Erlebnissen von Wiener Callgirls, also eine Art „Josefine Mutzenbacher“, nur halt auf unsere Zeit umgelegt. Da ich für jeden Spaß zu haben bin, und außerdem die Meinung vertrete, dass Autoren ohnehin unterstützt werden müssen (um im deutschsprachigen Raum von seinen Büchern leben zu können muss man entweder einen Verlag haben, der waghalsig genug ist, um einem einen sehr großzügigen Vorschuss auf das Honorar zu gewähren, oder aber man macht es wie Thomas Brezina und verlegt sich auf die große Masse), erkläre ich mich gern bereit, sie zu dieser Veranstaltung zu begleiten. Außerdem bin ich neugierig, denn angeblich ist die Autorin selbst früher im „Milieu“ unterwegs gewesen – mich reizt also die Verlockung des Verbotenen… Zur Feier des Tages schmeiße ich mich sogar in meine schwarzen Jeans und ein violettes „fick-mich-Top“, ich will ja schließlich bei einem Schlampenabend auch ein bisschen selbst wie eine Schlampe wirken.
Die Lesung selbst findet in einer Galerie im siebten Bezirk statt, ich bin etwas früher dort und schaffe es, dass ich für mich und meine Freundin eine ziemlich bequeme Couch als Sitzgelegenheit ergattere. Pünktlich um sieben kommt auch meine Freundin – kurz geschorener Undercut, darüber lange schwarze Haare, ein toller langer schwarzer Rock und das Outfit wird durch ein paar Martens komplettiert. Neben ihr wirke ich ein bisschen wie ein domestiziertes Weibchen der Spezies „Homo Sapiens“, und ich halte ihr sehr zu gute, dass sie mich trotzdem mag. Wir beginnen uns über dies und das zu unterhalten und bestellen uns etwas zu trinken, damit das Reden etwas flüssiger vonstatten geht.
Ich selbst kenne in diesem Raum nur meine Freundin, deshalb frag ich sie „und, kennst du da wen?“ Sie schaut sich um und meint „ja, ein paar von den Leuten kenn ich aus einem Erotik-Forum.“ Ich lasse noch einmal den Blick durch den Raum wandern und beginne in mich hinein zu grinsen. Genauso muss man sich fühlen, wenn man sich in einer Alltagsgeschichte von Elisabeth T. Spira wieder findet, besser gesagt: genauso hab ich mir die User eines Erotikforums immer vorgestellt. Und ich frage mich im Stillen, ob der dickliche Herr mit der hohen Stirn wohl „Sixpack 69“ als nickname hat und grinse noch mehr in mich hinein. Oh ja, Webspace ist eindeutig geduldig…
Und wenn wir schon bei den Klischees sind, frage ich mich, wie wohl die Autorin selbst sein mag. Ich stelle mir eine große Blondine mit langem Haar, üppiger Figur und – auf gut wienerisch gesagt – einer Gosch’n wie ein Rasiermesser vor, natürlich in breitestem Wiener Dialekt. Und natürlich auch entsprechend gekleidet, das Mindeste, das ich mir erwarte, sind hohe Lederstiefel und ein Leopardenmuster-Top. Und natürlich auffälliges Make-up.
Kurz nach sieben Uhr beginnt die Lesung. Auf dem Hocker vorne nimmt eine Dame platz. Nun ja, mit den langen blonden Haaren hatte ich Recht, aber nicht Wasserstoffblond, wie in meiner Phantasie, sondern schöne, honigblonde Locken, die sie zu Zöpfen geflochten hat. Gekleidet ist sie sehr geschmackvoll, eine schwarze Hose, ein Top und darüber eine schwarze durchsichtige Bluse als Jackenersatz und dezent geschminkt. Als die Frau zu sprechen beginnt, hat sie eine sehr sanfte Stimme, und sie spricht wunderschönes Hochdeutsch, das mit einigen Wienerischen Ausdrücken gespickt ist. Sie erinnert mich ein bisschen an eine Volkschullehrerin, so gütig, lieb und geduldig. Gut, das, was sie vorliest, ist eher nichts für zart besaitete Gemüter, aber wie sie es bringt, mit soviel Humor in der Stimme… nach einigen Minuten hat sie die Zuhörer in dem Raum für sich gewonnen, keiner, der nicht die vier Damen, von denen ihr Buch handelt, nicht sofort ins Herz geschlossen hätte.
Nach der Lesung signiert sie noch mit einer Engelsgeduld die Bücher, ich stehe noch mit meiner Freundin und einem Freund in einer Ecke und bespreche noch alle wesentlichen Dinge des Lebens stilecht bei einem Seid’l Bier. Irgendwann überkommt auch mich die Müdigkeit und ich verabschiede mich von meinen Freunden und marschiere zur Straßenbahn. Auf dem Weg dorthin gönne ich mir noch einen Abstecher zum Würstelstand, wo ich den Schlampenabend mit einem Bratwurst-Hot dog abschließe.
Und ich habe für mich die Erkenntnis gewonnen, dass man mich in Zukunft mit dem Wort „Schlampe“ nicht mehr kränken kann – von der Sorte Schlampen, die ich an diesem Abend kennen gelernt habe, könnt es ruhig ein paar mehr geben…
Nun ja, Milena Moser hat in ihrem Buch „Schlampenyoga“ den Begriff „Schlampe“ eher für eine chaotische Frau verwendet, die in ihrem unordentlichen Leben auf der Suche nach der Erleuchtung ist. Einer meiner Lieblingssätze in diesem Buch ist die Frage, woran man nach der Meinung von Frau Moser eine Schlampe erkennt. Nun, man kann nicht nur von ihrem Boden essen, sondern sich sogar ein mehrgängiges Menü zusammenstellen… Ich hatte aber unlängst einen Schlampenabend der etwas anderen Art.
Eine Freundin berichtet mir, dass eine Autorin ein neues Buch veröffentlicht – „Wiener Schlampengeschichten“. Das Buch handelt von den Erinnerungen und Erlebnissen von Wiener Callgirls, also eine Art „Josefine Mutzenbacher“, nur halt auf unsere Zeit umgelegt. Da ich für jeden Spaß zu haben bin, und außerdem die Meinung vertrete, dass Autoren ohnehin unterstützt werden müssen (um im deutschsprachigen Raum von seinen Büchern leben zu können muss man entweder einen Verlag haben, der waghalsig genug ist, um einem einen sehr großzügigen Vorschuss auf das Honorar zu gewähren, oder aber man macht es wie Thomas Brezina und verlegt sich auf die große Masse), erkläre ich mich gern bereit, sie zu dieser Veranstaltung zu begleiten. Außerdem bin ich neugierig, denn angeblich ist die Autorin selbst früher im „Milieu“ unterwegs gewesen – mich reizt also die Verlockung des Verbotenen… Zur Feier des Tages schmeiße ich mich sogar in meine schwarzen Jeans und ein violettes „fick-mich-Top“, ich will ja schließlich bei einem Schlampenabend auch ein bisschen selbst wie eine Schlampe wirken.
Die Lesung selbst findet in einer Galerie im siebten Bezirk statt, ich bin etwas früher dort und schaffe es, dass ich für mich und meine Freundin eine ziemlich bequeme Couch als Sitzgelegenheit ergattere. Pünktlich um sieben kommt auch meine Freundin – kurz geschorener Undercut, darüber lange schwarze Haare, ein toller langer schwarzer Rock und das Outfit wird durch ein paar Martens komplettiert. Neben ihr wirke ich ein bisschen wie ein domestiziertes Weibchen der Spezies „Homo Sapiens“, und ich halte ihr sehr zu gute, dass sie mich trotzdem mag. Wir beginnen uns über dies und das zu unterhalten und bestellen uns etwas zu trinken, damit das Reden etwas flüssiger vonstatten geht.
Ich selbst kenne in diesem Raum nur meine Freundin, deshalb frag ich sie „und, kennst du da wen?“ Sie schaut sich um und meint „ja, ein paar von den Leuten kenn ich aus einem Erotik-Forum.“ Ich lasse noch einmal den Blick durch den Raum wandern und beginne in mich hinein zu grinsen. Genauso muss man sich fühlen, wenn man sich in einer Alltagsgeschichte von Elisabeth T. Spira wieder findet, besser gesagt: genauso hab ich mir die User eines Erotikforums immer vorgestellt. Und ich frage mich im Stillen, ob der dickliche Herr mit der hohen Stirn wohl „Sixpack 69“ als nickname hat und grinse noch mehr in mich hinein. Oh ja, Webspace ist eindeutig geduldig…
Und wenn wir schon bei den Klischees sind, frage ich mich, wie wohl die Autorin selbst sein mag. Ich stelle mir eine große Blondine mit langem Haar, üppiger Figur und – auf gut wienerisch gesagt – einer Gosch’n wie ein Rasiermesser vor, natürlich in breitestem Wiener Dialekt. Und natürlich auch entsprechend gekleidet, das Mindeste, das ich mir erwarte, sind hohe Lederstiefel und ein Leopardenmuster-Top. Und natürlich auffälliges Make-up.
Kurz nach sieben Uhr beginnt die Lesung. Auf dem Hocker vorne nimmt eine Dame platz. Nun ja, mit den langen blonden Haaren hatte ich Recht, aber nicht Wasserstoffblond, wie in meiner Phantasie, sondern schöne, honigblonde Locken, die sie zu Zöpfen geflochten hat. Gekleidet ist sie sehr geschmackvoll, eine schwarze Hose, ein Top und darüber eine schwarze durchsichtige Bluse als Jackenersatz und dezent geschminkt. Als die Frau zu sprechen beginnt, hat sie eine sehr sanfte Stimme, und sie spricht wunderschönes Hochdeutsch, das mit einigen Wienerischen Ausdrücken gespickt ist. Sie erinnert mich ein bisschen an eine Volkschullehrerin, so gütig, lieb und geduldig. Gut, das, was sie vorliest, ist eher nichts für zart besaitete Gemüter, aber wie sie es bringt, mit soviel Humor in der Stimme… nach einigen Minuten hat sie die Zuhörer in dem Raum für sich gewonnen, keiner, der nicht die vier Damen, von denen ihr Buch handelt, nicht sofort ins Herz geschlossen hätte.
Nach der Lesung signiert sie noch mit einer Engelsgeduld die Bücher, ich stehe noch mit meiner Freundin und einem Freund in einer Ecke und bespreche noch alle wesentlichen Dinge des Lebens stilecht bei einem Seid’l Bier. Irgendwann überkommt auch mich die Müdigkeit und ich verabschiede mich von meinen Freunden und marschiere zur Straßenbahn. Auf dem Weg dorthin gönne ich mir noch einen Abstecher zum Würstelstand, wo ich den Schlampenabend mit einem Bratwurst-Hot dog abschließe.
Und ich habe für mich die Erkenntnis gewonnen, dass man mich in Zukunft mit dem Wort „Schlampe“ nicht mehr kränken kann – von der Sorte Schlampen, die ich an diesem Abend kennen gelernt habe, könnt es ruhig ein paar mehr geben…
drewshine - 12. Mär, 06:51