Sonntag, 21. Januar 2007

Breakfast Club

Manchmal überkommt es mich am Wochenende, dass ich "auswärts" frühstücken möchte. Für einen Quickie ist dann durchaus der Bäcker ums Eck eine taugliche Alternative, aber wenn man es genießerisch möchte, dann zieht es frau unweigerlich in die Wiener Innenstadt.

Zum Leidwesen der Wiener sind auch schon viele Touristen dahinter gekommen, dass man nicht nur in den Wiener Hotels, sondern auch in den Kaffeehäusern gut frühstücken kann, dementsprechend voll ist es dann auch in der Regel. Mein Frühstücksfavorit ist das "Schwarzenberg" am gleichnamigen Platz. Wobei ich eigentlich nicht erklären kann, warum ich das Schwarzenberg so sehr bevorzuge. Mir fällt ad hoc kein Kaffeehaus ein, in dem einem der Kellner so sehr das Gefühl gibt, dass man einfach nur stört. Bis man - mittlerweilen schon mit knurrendem Magen - die Bestellung aufgeben kann: ein kleines Wiener Frühstück mit einem Kännchenkaffe ohne Milch, und kann ich bitte statt dem Kipferl eine zweite Semmel haben? Danke! vergehen durchaus 20 Minuten oder auch mehr. Die Semmeln sind dann meist schon zu bröselig, um noch als "resch" zu gelten und das Frühstücksei bleibt auch immer eine gute Minute zu lange im Wasserbad, sodass es nicht mehr als "weiches Ei" durchgehen kann. Und auch bei Nachbestellungswünschen werden die Kellner nicht wirklich flinker. Ich habe bis jetzt noch nicht durchschaut, was frau tun muss, um die Aufmerksamkeit des Servierpersonals auf sich zu ziehen. Anstarren hilft nicht, nicken oder dezentes Hand-heben ebensowenig, auch ein geflissentliches "Herr Ober!" wird gekonnt ignoriert. Wobei man mich bitte nicht falsch verstehen mag - die Kellner sind keinesfalls unfreundlich, sondern gekonnt höflich. Und es macht auch mit den Charme des Schwarzenberg aus, dass die Kellner so sind, wie sie nunmal sind. Ich bin sogar davon überzeugt, dass es ein Einstellungskriterium für die Kellner ist, das fix im Dienstvertrag verankert ist.

Letzten Sommer hatte ich im Schwarzenberg die verstörende Erfahrung gemacht, dass sie einen neuen Kellner hatten, der den Schanigarten betreut hat. Kaum, dass ich Platz genommen hatte, war der Kellner auch schon zur Stelle und hat mich nach meinen Wünschen gefragt - seien wir ehrlich: wenn man damit nicht rechnet, ist man mit dieser Situation eindeutig überfordert. Er war dann auch sehr rasch mit dem Frühstück zur Stelle, und ich war insgeheim sehr froh darüber, dass das Frühstücksei wenigstens eine Nuance zu hart war - meine Erwartungshaltung beim Schwarzenberg ist einfach, dass man auf das Frühstück warten muss und dass man danach herrlich darüber nörgeln kann. Ich hab den Kellner danach aber nicht mehr gesehen, mag sein, dass er dem Anforderungsprofil einfach nicht entsprochen hatte...

Auf alle Fälle hat es mich letzten Samstag wieder mal in die Wiener Innenstadt getrieben, auf der Jagd nach dem perfekten Schwarzenberg-Frühstück. 20 vor 9 stehe ich vor verschlossenen Türen... Zu meinem Entsetzen muss ich feststellen, dass die Öffnungszeiten geändert wurden - erst ab 9 Uhr (wahrscheinlich plus der obligaten 20 Minuten Wartezeit aufs bestellen) wird mein Hunger gestillt werden...

Ich bin daraufhin ins Mozart hinter dem Sacher gegangen - dort sind die Kellner charmant und flott, die Semmerln sind resch und das Frühstücksei ist perfekt. Und trotzdem war es nicht das, was ich mir erhofft hatte...

Der "wünsch-dir-was"-Faktor

Woran liegts, dass bindungswillige Singles keinen Gegenpart finden? Wollen wir die Bequemlichkeit nicht aufgeben, dass sich unser Kosmos nur um uns dreht und wir keine Kompromisse eingehen müssen? Wollen wir unseren Kleider- und Schuhschrank nicht mit jemandem Anderen teilen (für einige Frauen ist das sicher ein wichtiger Punkt)? Lieben wir die Unabhängigkeit des Singlelebens so sehr, weil wir zuhause niemandem Rechenschaft ablegen müssen, wenn wir betrunken und zu spät nachhause kommen (dieser Punkt ist für Männer oft wichtig)? Oder liegt es schlicht am wünsch-dir-was-Faktor?

Was genau ist aber der wünsch-dir-was-Faktor? Nun ja, jeder von uns hat doch die Checklist im Kopf, wie wir uns den perfekten Partner wünschen. Und genauso soll er/sie dann sein. Oder so ähnlich halt. Oder zumindest nahe dranliegen. Und es gibt einige "muss-Kriterien" und einige "kann-Kriterien", sprich: von Ersterem rücken wir keinen Millimeter ab, Zweiteres ist verhandelbar. Und wie Aschenputtel sitzen wir vor einem großen Topf von Eigenschaften und entscheiden, welche ins Töpfchen und welche ins Kröpfchen kommt. Es wird natürlich einige Eigenschaften geben, die absolut unverhandelbar sind. Ein Eheverweigerer wird mit einem Ehebefürworter auf Dauer nicht glücklich werden, weil sich die Lebensvorstellungen grundlegend voneinander unterscheiden. Genauso wie jemand, der sich Kinder unendlich wünscht im Kindertotalablehner nicht den Traumpartner finden wird .

Aber zurück zum wünsch-dir-was-Faktor. Ja, gut, als Frau träumt man schon davon, mit einem Brad-Pitt/George-Clooney-lookalike glücklich zu werden, der noch dazu mit lauter guten Eigenschaften gepflastert ist und ein dickes Bankkonto hat. Aber seien wir ehrlich: wie wahrscheinlich ist, dass dieser Traummann single ist und sich ausgerechnet in uns Durchschnittsfrau verliebt? Eben... Also bleiben wir in der Realität (von Brad Pitt kann man ja immer noch phantasieren). Gut, tageslichttauglich wäre schon mal nicht schlecht, und Egoschweinderl sollte er auch keines sein. Ok, was habe ich der Männerwelt zu bieten? Wenn ich meinen Freunden glauben mag, dann bin ich unter den 10 tollsten Frauen der Welt gereiht, der Spiegel ist auch noch nicht zersprungen, wenn ich hineingesehen habe, eine gewissen Grundintelligenz ist ebenfalls vorhanden (außer beim Schuhkauf, das gebe ich zu, aber ein Laster braucht frau schließlich auch) und ich bin Gerüchten zufolge auch nicht so unlustig. Da muß sich doch ein Deckel zu diesem Topf finden lassen... Kann ja net so schwierig sein.

Gut, mal praktisch überlegt: wenn man sich die neuen, teuren Schuhe nicht durchlaufen möchte auf der Suche nach Mr. Right (oder Mr. Big, oder McDreamy), dann kann man es ja immer noch über die online Singlebörse versuchen. Ok, das Anlegen des Profils ist halblustig, und die Fragen sind teilweise sehr abstrus (vor allem die beliebte "Insel-Frage" - warum wird man immer von allen Leuten auf die einsame Insel geschickt, und warum antworten 95 % der Leute, welches Ding sie mitnehmen würden "Dich"?). Aber egal - hard facts, wie Größe, Gewicht (nicht mal unter Folter würde ich das verraten, aber egal...), Musik-, Film- und Literaturgeschmack und noch ein paar freie Felder, wo man halblustige Kommentare über Gott-und-die-Welt abgeben kann.

Weiters sehr praktisch bei online Singlebörsen: man kann schon nach gewissen Eigenschaften suchen, also Alter, Größe, Ausbildung, und der Computer spuckt einem dann eine Liste aus mit den möglichen Traumprinzen. Und man sitzt dann wie beim Quellekatalog und blättert "gefällt mir nicht, gefällt mir nicht, gefällt mir". Beim Gefallen geht man dann tiefer ins Detail und checkt genauer, ob der Traumprinz wirklich der Prinz ist oder eher in die Kategorie "Frosch, der noch ein paarmal gegen die Wand geworfen werden muss" zählt. Und hier kommt wieder der wünsch-dir-was-Faktor ins Spiel, denn bei "Raucher" gibts bei mir z.B. einen dicken Minuspunkt, bei "Gelegenheitsraucher" einen leichten Minuspunkt und bei "ich habe Kinder" oder "ich bin verheiratet" zählt der Mann automatisch in die Kategorie "beschädigte Ware" (sorry, Jungs...).

Aber wenn man die alle aussortiert, dann bleibt immer noch eine brauchbare Grundgesamtheit von grundsätzlich bindungswilligen Singlemännern im kompatiblen Alter übrig, die man anschreiben kann. Also wärmen wir mal die Fingerchen auf und lassen sie über die Tastatur tanzen, und versuchen, in diesem ersten mail witzig, charmant und überhaupt "perfekt" zu wirken.

... nach einigen Tagen, wenn man festgestellt hat, dass man auf all die witzigen mails keine Antwort bekommen hat, stellt frau sich natürlich automatisch die Frage: warum? Woran liegt's, dass sich da niemand gefunden hat, dem mein mail soweit gefallen hätte, dass er geantwortet hätte? Ich komme zum Schluß: es muß am wünsch-dir-was-Faktor der Gegenseite liegen. So wie ich mit meiner imaginären Checkliste vor dem PC sitze und die Männer abchecke, genauso sitzen die anscheinend mit ihrer Checkliste vorm PC und checken mich ab. Und sie gehen mein Profil durch und machen bei jedem Punkt ein "passt" oder "passt nicht". Und je nachdem, mit wievielen Punkten ich gesamthaft abschließe, bekomme ich ein Antwortmail oder nicht.

Singlebörsen haben eindeutig den Vorteil, dass man Leute kennenlernen kann, denen man ansonsten nicht so rasch über den Weg gelaufen wäre. Andererseits führt der wünsch-dir-was-Faktor dazu, dass man viel von der eigenen Kompromißbereitschaft schon im vorhinein aufgibt, weil "da muss es ja noch was besseres geben...". Sie haben aber auch einen weiteren entschiedenen Nachteil: jeder weiß von vornherein über die Absichten des Anderen bescheid. Es fehlt dieser Kitzel, dass man jemanden völlig Unbekannten wo stehen sieht, Augenkontakt aufnimmt, sich verstohlen zulächelt und dann das Herz zu klopfen beginnt, wenn er auf dich zukommt und dich anspricht. Um diesen Zauber des Kennenlernens betrügt man sich, was ich persönlich als sehr schade empfinde.

... weiters hat sich bei mir der Eindruck erhärtet, dass für 95 % der Männer die Eigenschaft "schlank" sehr wichtig ist, dh, ich starte in jedem Fall mit 5.000 Minuspunkten - die aufzuholen ist oft etwas schwierig... Andererseits: will ich diese Männer wirklich kennenlernen???

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