Donnerstag, 25. Oktober 2007

Tool time

Ich finde, das Tolle an uns Menschen ist, dass jeder von uns seine Stärken und auch seine Schwächen hat. Es wäre ja auch unerträglich langweilig, wenn wir ein menschlicher Einheitsbrei wären, den jeden Tag das Murmeltier grüßt. Nein, da ist es doch so viel besser und unendlich bunter. Und ich denke, ich kann von mir auch behaupten, dass ich so ein paar Vorzüge habe, die andere Mitmenschen nicht haben. Ich bin in der Lage, Arbeitnehmerveranlagungen zu machen, kann ganz brauchbar kochen und bin ganz praktisch, wenn’s um Übersiedlungen geht. In einem Bereich bin ich aber ein geistiges Nackerpatzl sondergleichen: in der Technik…

Um es mit den Worten meiner Freundin Sarah zu sagen„ich spreche nicht Strom“. Seit meiner Unterstufenzeit (die ja doch schon ein paar Jährchen her ist *hüstel*) verstehe ich nicht, warum Wechselstrom funktioniert (das mit dem Gleichstrom hab ich recht rasch heraußen gehabt – den kenn ich, wenn ich meine frisch gefönten Haare mit der Bürste bearbeite…). Und wenn der Physiklehrer rein gekommen ist, und gesagt hat „Julia, erkläre mir den Kühlschrank“ – tja, dann bin ich gescheitert. Denn ich hätte ihm wohl aufzeichnen können, wie das Innenleben des Kühlschranks aussieht. Ich konnte es bloß nicht erklären, einfach, weil ich es nicht verstanden habe. Und habe mit schöner Regelmäßigkeit die Minus in Physik kassiert…

Der Führerschein war ja auch so eine Herausforderung, vor allem der technische Part. Vor der Prüfung ist der Fahrlehrer noch mit uns ums Auto gegangen und hat uns erklärt „manchmal müsst ihr auch vor der Fahrt die Motorhaube öffnen und ein paar Fragen beantworten. Wichtig ist, dass ihr euch merkt: es gibt wartungsfreie und nicht-wartungsfreie Autobatterien. Und bei den nicht-wartungsfreien Batterien muss man die Kapperl aufschrauben und nachschauen, ob genug Schwefelsäure drin ist. Wenn die unter der Markierung steht, muss man destilliertes Wasser nachgießen.“. Der freundliche Technikprüfer, der mich kurze Zeit später in der Mangel hatte, stellt die Frage „was können sie mir über Autobatterien sagen?“. Julia – ganz stolz, weil sie das ja erst ein paar Minuten vorher gelernt hat - „da gibt es wartungsfreie und nicht-wartungsfreie Autobatterien“. Der Techniker – von meinem Stolz gänzlich unbeeindruckt – „und was machen sie bei nicht-wartungsfreien Batterien?“. Ich – immer noch stolz - „da schraube ich die Kapperl auf und schaue nach, ob genug destilliertes Wasser drin ist“. Der Prüfer schüttelt den Kopf und meint nur „nein, da schauen sie nach, ob genug Schwefelsäure drin ist. Und was machen sie, wenn nicht genug Schwefelsäure in der Batterie ist?“. Julia – nun schon nicht mehr so cool und selbstbewusst – „dann kippe ich Schwefelsäure nach?“. Der Prüfer lacht und meint „nein, dann kippen sie destilliertes Wasser nach…“ (warum ich den technischen Part der Führerscheinprüfung mit lauter Plus bestanden habe, ist mir bis heute ein Rätsel geblieben…).

Aber man muss ja bekanntlich seine eigenen Grenzen kennen und respektieren, von dem her habe ich für mich festgestellt: ich mag viele tolle Eigenschaften haben, aber Technik gehört definitiv nicht dazu. Da gibt es andere Menschen, die dazu um ein vielfaches berufener sind als ich, die ich für ihr technisches Verständnis unendlich bewundere – ja, Techniker sind in Wahrheit meine Helden, meine strahlenden. Und das Leben ist ja auch in Wahrheit komplikationslos, solange ich mit einem technisch versierten Mann durchs Leben gehe.

Problematisch ist die Sache erst, seitdem ich Single bin… Glühbirnen, Sicherungen (natürlich die zum Schrauben, nicht die Automaten zum Umlegen), …, oh ja, das Leben kann schwierig sein, sehr, sehr, sehr schwierig… Und manchmal bietet sich der Beste aller Väter als Retter in der Not an, der mit einem Schraubenzieher bewaffnet meine Probleme souverän vom Tisch wischt. In einigen Bereichen ist aber auch mein Dad hilflos.

Wie zum Beispiel bei meinem neuesten Spielzeug: ein Festplatten-DVD-Rekorder, 160 GB Festplatte, HDMI, Dolby digital und Show View *grunzt* - eine absolut geile Sache. Und dank der Erfindung des Scart- und des Antennenkabels sogar für die blondeste Frau mit einem Fernsehgerät zu verbinden, wenn… ja, wenn da nicht der Dolby digital Receiver wäre, dem man ja auch noch beibringen sollte, dass da ein neues Kastl ist, das ihn gerne kennen lernen würde…

Ich musste einmal den Receiver ausbauen, weil ein Techniker einen Defekt vermutet hat. Seitdem weiß ich, dass ich dieses Ding nie, nie, nie wieder freiwillig anfasse – bitte, das besteht ja nur aus allen möglichen Löchern, wo man alle möglichen Kabel reinstecken kann (und ich bin bis heute dankbar dafür, dass ich damals in einem akuten Anfall von „Geistesblitz“ alle Kabel mit Post-it’s versehen habe, sonst würde ich heute noch rätseln, was genau was ist…). Die Bedienungsanleitung ist ein Buch mit sieben Siegeln, das offensichtlich in Suaheli geschrieben ist – denn ich verstehe kein Wort von dem, was da drin steht. Nein, das Ding greif’ ich freiwillig nicht an.

Also, was tut frau in ihrer Not? Am besten Freunde anbetteln. Hm, dumm, mein bester Freund Christian ist grad zum Segeln unterwegs, und solange warten, bis er wieder in Wien ist – nein, geht nicht. Er hat mir aber – selbstlos, wie er nun mal ist – mal gesagt „bei technischen Problemen kannst du dich auch gerne an meinen besten Freund wenden, der hilft dir da sicher“. Also quasi die moderne Form der „Bürgschaft“: ich lasse den Freund dir als Bürgen, ihn magst du – entrinn’ ich – erwürgen… Also zücke ich das Handy und rufe den besagten Freund an „duhu… ich hab ein Problem, ich brauche Hilfe…“ und schildere ihm kurz den Sachverhalt. Ich brauche gar nicht lange reden, und muss mich nicht wirklich erniedrigen und so richtig zu betteln beginnen – binnen 30 Sekunden hat er mir seine Hilfe zugesagt und verspricht, in einigen Tagen zu mir zu kommen.

Hm… ich habe ihn einmal zum DVD-schauen zu mir eingeladen, und da war die Liste seiner Ausreden ungefähr so lang wie die chinesische Mauer, nur damit er nicht zu mir in meine Wohnung kommen muss. Und bei einem technischen Problem ist er binnen 30 Sekunden bereit, mir zu helfen… Wobei er ja dafür auch in meine Wohnung kommen muss… ich versteh’ den Unterschied zwar nicht, will ihn aber auch nicht wirklich hinterfragen und bin unendlich dankbar, dass er als moderner Ritter des Alltags seinen Feierabend opfert um mir in meiner technischen Not beizustehen.

Und der Mann ist gut… innerhalb von einer Stunde ist alles ordnungsgemäß verkabelt und verdrahtet, der Receiver plaudert mit dem DVD-Rekorder, als ob sie seit Jahren die allerbesten Freunde wären, die Sender sind eingestellt, die Uhr programmiert und ich freu mich wie ein kleines Kind, dass ich jetzt so ein cooles neues Spielzeug habe.

… und spreche hiermit meinem selbstlosen, technischen Ritter meinen aufrichtigsten und tiefsten Dank aus – ich würde mich gerne mit einem tollen Abendessen bei dir revanchieren, nicht, weil ich es muss, sondern weil es mir ganz einfach ein Bedürfnis ist…
sarah_t - 27. Okt, 12:23

der ausspruch

"ich nix sprechen strom" stammt nicht von mir, sondern von einer physikerkollegin (wenn die damit wohl auch eher die theoretische elektrodynamik meinte ;)) aber es passt so gut zu mir... warum ich das elektrozeug jetzt studier, weiß ich wohl selbst nicht :D

drewshine - 27. Okt, 13:14

da ich deine physikerkollegin nicht kenne, genügt mir das "indirekte zitat" ;-) - schließlich samma hier net auf der uni, sondern im weblog ;-)

busserl!
creature - 27. Okt, 19:06

aber sei dir versichert, die nicht wartungsfreien batterien finden sich in keinem auto mehr, ausser du kaufst einen russischen wagen, einen lada! ;)

drewshine - 27. Okt, 21:05

keine sorge, in meinem kleinen franzosen ist eine wartungsfreie, die regelmäßig beim check in alle richtungen überprüft wird. ich hab sogar jetzt ein auto, das mir beim starten sagt, ob genug öl drin ist. bleibt nur noch darauf zu achten, dass der handy-akku immer aufgeladen ist und die öamtc-mitgliedschaft bezahlt ;-)

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