Let me entertain you
Das Internet – eine grandiose Erfindung, sei es zum Kommunizieren, zum Informieren oder schlichtweg zum Shoppen. Mein Lieblingsmoderator hat es eines schönen Junimorgens mal trefflich wie folgt formuliert „Es gibt nichts unverbindlicheres als das Internet, das trotzdem die Menschen verbindet“.
Eine weitere tolle Erfindung des Internet sind Weblogs, und auch ich schreibe ja seit einigen Monaten mehr oder weniger regelmäßig eine Kolumne. Wobei ich natürlich in das Dilemma komme: wenn in deinem Leben grad nix aufregendes passiert, was schreib’st… Wenn der Fundus an Altlasten schon ziemlich ausgelutscht ist und man sich keine Story aus der Nase ziehen möchte, bleibt wohl nur noch eines: schreib über Alltagsdinge, die dir so passieren.
Freitagabend und nichts vor. Der geplante Theaterabend mit Marlene ist ins Wasser gefallen, und anstatt, dass ich Karlheinz Hackl in „la cage aux folles“ genieße, sitze ich daheim und langweile mich. In diesen Fällen greife auch ich zum Ablenkungsmitteln Nr. 1 – dem Fernseher. Auch wenn mich das Programm so überhaupt nicht reizt – das Finale von „Dancing Stars“, na, bitte net… Aber unverhofft kommt oft, und ich schlage an diesem Abend quasi zwei Fliegen mit einer Klappe: ich amüsiere mich gut und werde zusätzlich von der Muse geküsst.
Ich gebe zu, beim Schreiben habe ich mich schon gefragt, wie’s wohl wäre, wenn unser Vizedancingstar den Artikel liest. Würde er wohl darüber schmunzeln? Würde er den Link zu meiner Seite wohl an seine Freunde weiterschicken? Und wohl die Gretchenfrage: würde ich all dies je erfahren…
Womit ich – zugegeben – nie gerechnet hätte, ist, dass ich grad mal zwei Tage, nachdem ich die Geschichte online stelle, einen Kommentar von einem Peter bekomme. Nach einem langen Bürotag sitze ich gegen 21 Uhr zuhause, starre 10 Minuten lang den Monitor an und denke nur: das gibt’s ja nicht, da verarscht dich wer. Ich lese mir den Kommentar wohl hundert Mal durch, als mir endlich das PS mit dem Link zur Homepage ins Auge sticht. Wenn mich jemand rollen wollte, warum dann den Link dazu schreiben… Also surfe ich zu der site – ah ja, da ist auch ein „Kontakt“-Button. Ich überlege einige Minuten, ob ich wohl soll oder nicht, denke mir dann aber „wenn das wirklich nur ein Fake war, dann denkt er sich nur ‚wer ist die Tussi?’ und das wars“. Also schreibe ich eine kurze Nachricht, sammle nochmals allen Mut zum Risiko zusammen und clicke auf „Absenden“. Und widme mich wieder meinem Posteingang. Einige Minuten später plingt eine Nachricht in meinem Postfach hoch. Inhalt „du bist ja eine Schnelle, was machst du so im richtigen Leben?“. Absender: eine mailadresse des Rundfunks.
… das ist der Moment, indem ich feststelle: das war kein Fake… Ja, die Erkenntnis kann einen manchmal wahrlich wie eine Dampfwalze überrollen. Ich würde lügen, würde ich nun schreiben „nachdem ich mich eine Zehntelsekunde von meiner Überraschung erholt hatte, habe ich einige unglaublich witzige und geistreiche Antwortmails geschrieben“. Man kann mich nicht leicht überraschen, aber wenn es mal jemanden gelingt, dann hält dieser Effekt eine zeitlang an. Trotzdem schaffe ich es quasi im Reflex, einige Antwortmails zu schicken.
Danach schwebe ich eine Woche lang wie auf Wolken: ein Promi liest mein Blog und möchte mich daraufhin sogar kennen lernen. Und sonne mich in meinen drei Minuten Berühmtheit – obwohl ich mich ansonsten gar nicht für Promis interessiere: die Seitenblicke? Yellow-Press? Mausi und Mörtel? Interessiert mich alles nicht. In dieser Woche bekomme ich viele mails von Freunden, die mein Blog lesen und die mich in Sachen „Klatsch und Tratsch mit Peter L. Eppinger“ updaten. Wow, eine interessante Feststellung: so cool meine Freunde sonst sind, aber jeder kennt mindestens ein G’schichtl über den Eppi – sie haben doch alle ein Faible für Promis… Eine meiner Freundinnen stellt die eine-Million-Euro-Frage: und wann trefft ihr euch? Ah ja stimmt, darauf hab ich in meiner Aufregung ganz vergessen…
Nach rund einer Woche schicke ich ein mail, wo ich mich erkundige, ob das mit dem Cocktail eigentlich noch aktuell. Und rechne eigentlich nicht mit einer schnellen Antwort. Aber zwei Tage später ist schon die Antwort da, ob wir einander nicht in der folgenden Woche auf eine Stunde treffen wollen. Das klingt ja sehr aufregend – warum eigentlich nicht!
Ich rufe also Caro an und frage sie, ob wir uns am Samstag zum Frühstücken in der Stadt treffen können, damit wir dann noch ein Bisschen shoppen gehen. Und die Beste aller Freundinnen stimmt dem natürlich gerne zu.
Am Samstagmorgen rufe ich nochmals meine mails ab und wundere mich, warum der Download so ewig dauert. Und dann ist da ein mail vom Eppi, als Betreff „schnapp deine beste Freundin (Caro?) oder wen auch immer…“ und als Text „… und vielleicht möchtest ja auch kommen?“. Ich starre den PC an und denke mir „Häh? Was will mir der Künstler damit sagen?“. Endlich sehe ich, dass da noch ein Attachment dran hängt. Ich öffne das Word-Dokument und…
Ottakring feiert seinen Dancing King! Bezirksvorsteher Franz Prokop bittet zum „Tanz“ auf den Gerstenboden der Ottakringer Brauerei. Es freuen sich Peter L. Eppinger und Franz Prokop.
Meine erste Reaktion ist „na, aber sicher nicht…“. Ich überlege, ob ich mich über die Einladung freuen soll oder aber nicht. Aber da ich mich ohnehin gleich mit Caro treffe, drucke ich das mail plus die Einladung aus, packe beides in die Tasche und fahre zum Café Mozart. Als Caro dort endlich eintrifft, lege ich ihr mit den Worten „liebe Caro, wir wurden eingeladen“ den Packen Papier auf den Tisch. Caro liest aufmerksam die Zeilen und ich merke, wie sehr sie sich beherrscht, um nicht laut loszulachen. Als sie fertig ist mit dem Lesen, ist die Stille am Tisch unerträglich. Ich sehe, dass Caro gerade dabei ist, ihre Gedanken zu ordnen und komme ihr mit einem „was sagst du dazu?“ zuvor. Dieser Satz bricht endlich die Stille zwischen uns und wir beginnen lauthals zu lachen. Nachdem wir kurz die wichtigen Fragen wie „wo ist Ottakring eigentlich?“ und „brauchen wir dafür ein Visum?“ geklärt haben, beginnen wir, die Einladung akribisch zu analysieren. Wir sind uns sofort einig, dass diese Nachricht signalisiert „ich würde dich gerne mal sehen, aber nimm’ dir wen mit, damit dir nicht langweilig wird, weil viel reden werde ich nicht mit dir können“. Zwischen ein paar Kicheranfällen sage ich auch zu Caro „ich geh dort nicht hin“. Caro hingegen findet, dass das sicher lustig ist und dass ich da unbedingt hingehen muss. Ich versuche, zu punkten, indem ich ihr sage „du weißt doch, wenn ich dorthin gehe, dann musst du auch dorthin – und ich weiß, dass du das nicht willst…“. Auf alle Fälle haben wir schon lange nicht mehr so viel bei einem Treffen gelacht. Als wir dann zum Shoppen aufbrechen, bin ich ein ganz armer Tutu, weil Caro mich in hunderte Kleider und Röcke zwingt, immer mit einem „das würde beim Tanzen aber besonders hübsch schwingen“ und einem kleinen Kichern begleitet.
Ich mache gute Miene zum bösen Spiel und hoffe, dass Caro sich bald wieder beruhigt und ich wieder von der Schaufel runter steigen kann. Irgendwann kurz vor Mittag – als wir schon eine halbe Stunde nicht mehr gekichert haben – schlendern wir mit einem Iced Mocca Macchiato durch die Innenstadt und kommen am Schanigarten vom Tirolerhof vorbei, in dem Kelly und Andy Kainz sitzen und angeregt miteinander plaudern. Ich zucke mit keiner Wimper und schicke einige Stoßgebete gen Himmel „bitte mach, dass Caro die zwei grad nicht gesehen hat“. Aus dem Augenwinkel sehe ich allerdings, dass Caro gerade gegen einen heftigen Lachanfall kämpft, kaum, dass wir um die Ecke sind, beginnt sie lauthals zu lachen – und ich stehe schon wieder auf der Schaufel…
In der Woche darauf redet Caro mir wie einem kranken Pferd zu, dass wir dort unbedingt hin gehen müssen. Ich bin ja auch zugegeben ein neugieriger Mensch, also mache ich das, was jeder wohl in dieser Situation machen würde: ich google die Key-facts der Einladung. Und stelle fest, dass man im ganzen Internet nichts zu dieser Veranstaltung findet. Und beginne mich darüber zu freuen, dass ich eingeladen wurde. Aber ich möchte nicht, dass ich zu „offensichtlich“ dort bin – mein Plan ist also, dass ich beim Veranstalter anrufe und Caro und mich unter Caro’s Namen anmelde, damit ich nicht auf der Gästeliste aufscheine – und wenn es ein Fiasko ist, kann ich ungesehen wieder verschwinden. Ich rufe also beim Magistrat an, habe dummerweise die Angewohnheit, dass ich mich am Telefon mit vollem Namen melde, die Telefonistin zwitschert „können sie ihren Familiennamen bitte nochmals buchstabieren“… Also nix mit inkognito. Und da es eh schon wurscht ist, schicke ich ein kurzes mail an Peter mit „danke für die Einladung, Caro und ich kommen gerne“ und bekomme ein „sehr fein, dann sehen wir einander dort“ zur Antwort.
Caro jubelt, als ich ihr das mail vorlese „na schau, ihr werdet euch dort kennen lernen“. Ich sehe die Geschichte zugegeben skeptischer: es werden ein paar hundert Leute dort sein, er wird permanent von Menschen umringt sein und ist zudem Gastgeber – ich habe außerdem nicht vor, mich um ein Autogramm anzustellen, ergo werden wir uns im selben Raum aufhalten aber nicht miteinander sprechen.
Und irgendwann ist dann der D-Day da… Ich werfe mich zur Feier des Tages in einen schwarz-weiß gemusterten Rock, ein schwarzes Top (schwarz macht ja bekanntlich schlank) und ziehe mir meine Lieblings-Heels von Hugo Boss an. Caro holt mich von zuhause ab und ist begeistert. Kurz nach 15 Uhr sind wir in der Ottakringer Brauerei, wir betreten den Gerstenboden, und direkt hinter der Stiege posieren Peter und Julia Polai für einen Fotografen. Fast wäre ich in die beiden reingelaufen, zum Glück kann ich gerade noch rechtzeitig abbiegen, denn mich hat gerade mittel der Schlag getroffen: Peter trägt Tracht. Eine knielange Lederhose und dazu knielange cremefarbene Stutzen. Perfekt – Großstadttussi trifft Alm-Öhi, ich wusste, warum ich dort nicht hin will. Caro flüstert mir zu „er ist grad da vorne gestanden“ und ich bring nur ein „hast die Stutzen gesehen?“ raus… Ok, Flucht nach vorne, in unserem Fall Richtung Bar. Die Bar hat einen großen Vorteil: man hat immer was zum Trinken in der Nähe und sie ist weit, weit weg vom Geschehen. Und mein Unbehagen steigt: es sind Unmengen an Fotografen im Raum, zusätzlich ist ein Kamerateam vom ORF auch dort. Ich will einfach nur noch weg.
Es folgt eine kurze Ansprache vom Bezirksvorsteher und dann auch eine kleine Rede von Peter L. Eppinger, wo er auch auf eine kleine Tombola hinweist. Caro hat natürlich nichts Besseres zu tun, als meinen Namen auf ein Los zu schreiben. Ich flüstere „ich hoffe für dich, dass ich nicht gezogen werde“. Als Peter Richtung Bar flitzt, um die Tombolageschenke zu holen, läuft er an uns vorbei und schenkt Caro einen babyblauen Luftballon. Caro fasst den Plan „den gebe ich ihm heute noch zurück, dann muss er mit uns reden“. Und das Universum meint es auch gnädig mit mir, und mein Name wird bei der Tombola nicht gezogen.
Caro redet mir ständig zu „komm, lass uns hingehen und mit ihm reden“. Ich vertrete aber stur die Ansicht „mein Part war, dass ich hierher komme. Es war nicht vereinbart, dass ich ihn anspreche – er hat ein Foto von mir im Internet gesehen, das muss reichen, um mich zu erkennen. Und wenn es nicht sein soll, dann ist’s eben nicht.“ Irgendwann ist es Caro zu mühsam und sie meint „redest du noch mit mir, wenn ich ihn hierher hole?“. „Aber natürlich rede ich noch mit dir“ sage ich und denke mir „er ist von Menschen umringt – er wird nicht her kommen“. Caro schnappt ihren blauen Ballon und marschiert auf die Gruppe los, in deren Mitte Peter steht. Von meinem Platz aus kann ich wohl Caro beobachten, aber ich sehe Peter nicht. Ich sehe, dass Caro mit jemanden spricht, sehe dann, dass sie jemand den Ballon in die Hand drückt. Und dann sehe ich, dass sich dieser babyblaue Ballon auf mich zu bewegt…
Damit habe ich natürlich nicht gerechnet, und ich bin mir sicher, dass mir die Überraschung überdeutlich ins Gesicht geschrieben ist. Zusätzlich bekomme ich fast kein Wort heraus (die zweite Überraschung – blöd reden ist bei mir bis jetzt in jedem Fall gegangen) und all die witzigen Dinge, die mir normalerweise in solchen Situationen zu hunderten einfallen, sind einfach nur weg… Ich schaffe es gerade, ein, zwei zusammenhängende Sätze hervorzuwürgen, bis unser Gastgeber wieder von seinen Pflichten eingeholt wird und er zum nächsten Tisch eilt.
Caro und ich stehen noch ein bisschen in der Gegend rum und beobachten die Szene. Irgendwann läuft der Bezirksvorsteher an uns vorüber und übergibt einer Zapferin das Trinkgeld für die Angestellten. Am Rückweg bleibt er bei uns stehen und erzählt uns, dass es ohnehin besser ist, wenn man(n) einer Frau das Trinkgeld gibt, weil Frauen ohnehin mit Geld besser umgehen können. Caro meint „das ist ja schön, dass sie das auch so sehen“, woraufhin uns der Bezirksvorsteher zuzwinkert und meint „wir Frauen müssen ja zusammen halten“. Caro und ich lachen artig über seinen Witz und er zieht glücklich von dannen. Ich bemerke trocken: „soviel Mühe hat er sich gegeben, und dabei nicht eine Wählerstimme lukriert“…
Gegen 18 Uhr verlassen Caro und ich die Party. Ich überlege, wie anstrengend es sein muss, wenn man berühmt ist: man muss zu allen Leuten nett und freundlich sein, wird permanent von Allen angesprochen und jeder glaubt, dass er dein Freund ist. Ich bin unendlich froh, dass mein Leben in Wahrheit so ruhig und beschaulich ist, und dass sich niemand drum schert, ob ich nun ungeschminkt und unfrisiert einkaufen gehe und mit wem ich essen gehe. Aus dem Cocktail mit Peter ist übrigens nichts geworden, aber der Volksmund sagt ja so schön: man trifft jeden Menschen zweimal im Leben.
… ups, ist diesmal etwas länger geworden, um nicht von ep(p)ischer Länge zu sprechen...
Eine weitere tolle Erfindung des Internet sind Weblogs, und auch ich schreibe ja seit einigen Monaten mehr oder weniger regelmäßig eine Kolumne. Wobei ich natürlich in das Dilemma komme: wenn in deinem Leben grad nix aufregendes passiert, was schreib’st… Wenn der Fundus an Altlasten schon ziemlich ausgelutscht ist und man sich keine Story aus der Nase ziehen möchte, bleibt wohl nur noch eines: schreib über Alltagsdinge, die dir so passieren.
Freitagabend und nichts vor. Der geplante Theaterabend mit Marlene ist ins Wasser gefallen, und anstatt, dass ich Karlheinz Hackl in „la cage aux folles“ genieße, sitze ich daheim und langweile mich. In diesen Fällen greife auch ich zum Ablenkungsmitteln Nr. 1 – dem Fernseher. Auch wenn mich das Programm so überhaupt nicht reizt – das Finale von „Dancing Stars“, na, bitte net… Aber unverhofft kommt oft, und ich schlage an diesem Abend quasi zwei Fliegen mit einer Klappe: ich amüsiere mich gut und werde zusätzlich von der Muse geküsst.
Ich gebe zu, beim Schreiben habe ich mich schon gefragt, wie’s wohl wäre, wenn unser Vizedancingstar den Artikel liest. Würde er wohl darüber schmunzeln? Würde er den Link zu meiner Seite wohl an seine Freunde weiterschicken? Und wohl die Gretchenfrage: würde ich all dies je erfahren…
Womit ich – zugegeben – nie gerechnet hätte, ist, dass ich grad mal zwei Tage, nachdem ich die Geschichte online stelle, einen Kommentar von einem Peter bekomme. Nach einem langen Bürotag sitze ich gegen 21 Uhr zuhause, starre 10 Minuten lang den Monitor an und denke nur: das gibt’s ja nicht, da verarscht dich wer. Ich lese mir den Kommentar wohl hundert Mal durch, als mir endlich das PS mit dem Link zur Homepage ins Auge sticht. Wenn mich jemand rollen wollte, warum dann den Link dazu schreiben… Also surfe ich zu der site – ah ja, da ist auch ein „Kontakt“-Button. Ich überlege einige Minuten, ob ich wohl soll oder nicht, denke mir dann aber „wenn das wirklich nur ein Fake war, dann denkt er sich nur ‚wer ist die Tussi?’ und das wars“. Also schreibe ich eine kurze Nachricht, sammle nochmals allen Mut zum Risiko zusammen und clicke auf „Absenden“. Und widme mich wieder meinem Posteingang. Einige Minuten später plingt eine Nachricht in meinem Postfach hoch. Inhalt „du bist ja eine Schnelle, was machst du so im richtigen Leben?“. Absender: eine mailadresse des Rundfunks.
… das ist der Moment, indem ich feststelle: das war kein Fake… Ja, die Erkenntnis kann einen manchmal wahrlich wie eine Dampfwalze überrollen. Ich würde lügen, würde ich nun schreiben „nachdem ich mich eine Zehntelsekunde von meiner Überraschung erholt hatte, habe ich einige unglaublich witzige und geistreiche Antwortmails geschrieben“. Man kann mich nicht leicht überraschen, aber wenn es mal jemanden gelingt, dann hält dieser Effekt eine zeitlang an. Trotzdem schaffe ich es quasi im Reflex, einige Antwortmails zu schicken.
Danach schwebe ich eine Woche lang wie auf Wolken: ein Promi liest mein Blog und möchte mich daraufhin sogar kennen lernen. Und sonne mich in meinen drei Minuten Berühmtheit – obwohl ich mich ansonsten gar nicht für Promis interessiere: die Seitenblicke? Yellow-Press? Mausi und Mörtel? Interessiert mich alles nicht. In dieser Woche bekomme ich viele mails von Freunden, die mein Blog lesen und die mich in Sachen „Klatsch und Tratsch mit Peter L. Eppinger“ updaten. Wow, eine interessante Feststellung: so cool meine Freunde sonst sind, aber jeder kennt mindestens ein G’schichtl über den Eppi – sie haben doch alle ein Faible für Promis… Eine meiner Freundinnen stellt die eine-Million-Euro-Frage: und wann trefft ihr euch? Ah ja stimmt, darauf hab ich in meiner Aufregung ganz vergessen…
Nach rund einer Woche schicke ich ein mail, wo ich mich erkundige, ob das mit dem Cocktail eigentlich noch aktuell. Und rechne eigentlich nicht mit einer schnellen Antwort. Aber zwei Tage später ist schon die Antwort da, ob wir einander nicht in der folgenden Woche auf eine Stunde treffen wollen. Das klingt ja sehr aufregend – warum eigentlich nicht!
Ich rufe also Caro an und frage sie, ob wir uns am Samstag zum Frühstücken in der Stadt treffen können, damit wir dann noch ein Bisschen shoppen gehen. Und die Beste aller Freundinnen stimmt dem natürlich gerne zu.
Am Samstagmorgen rufe ich nochmals meine mails ab und wundere mich, warum der Download so ewig dauert. Und dann ist da ein mail vom Eppi, als Betreff „schnapp deine beste Freundin (Caro?) oder wen auch immer…“ und als Text „… und vielleicht möchtest ja auch kommen?“. Ich starre den PC an und denke mir „Häh? Was will mir der Künstler damit sagen?“. Endlich sehe ich, dass da noch ein Attachment dran hängt. Ich öffne das Word-Dokument und…
Ottakring feiert seinen Dancing King! Bezirksvorsteher Franz Prokop bittet zum „Tanz“ auf den Gerstenboden der Ottakringer Brauerei. Es freuen sich Peter L. Eppinger und Franz Prokop.
Meine erste Reaktion ist „na, aber sicher nicht…“. Ich überlege, ob ich mich über die Einladung freuen soll oder aber nicht. Aber da ich mich ohnehin gleich mit Caro treffe, drucke ich das mail plus die Einladung aus, packe beides in die Tasche und fahre zum Café Mozart. Als Caro dort endlich eintrifft, lege ich ihr mit den Worten „liebe Caro, wir wurden eingeladen“ den Packen Papier auf den Tisch. Caro liest aufmerksam die Zeilen und ich merke, wie sehr sie sich beherrscht, um nicht laut loszulachen. Als sie fertig ist mit dem Lesen, ist die Stille am Tisch unerträglich. Ich sehe, dass Caro gerade dabei ist, ihre Gedanken zu ordnen und komme ihr mit einem „was sagst du dazu?“ zuvor. Dieser Satz bricht endlich die Stille zwischen uns und wir beginnen lauthals zu lachen. Nachdem wir kurz die wichtigen Fragen wie „wo ist Ottakring eigentlich?“ und „brauchen wir dafür ein Visum?“ geklärt haben, beginnen wir, die Einladung akribisch zu analysieren. Wir sind uns sofort einig, dass diese Nachricht signalisiert „ich würde dich gerne mal sehen, aber nimm’ dir wen mit, damit dir nicht langweilig wird, weil viel reden werde ich nicht mit dir können“. Zwischen ein paar Kicheranfällen sage ich auch zu Caro „ich geh dort nicht hin“. Caro hingegen findet, dass das sicher lustig ist und dass ich da unbedingt hingehen muss. Ich versuche, zu punkten, indem ich ihr sage „du weißt doch, wenn ich dorthin gehe, dann musst du auch dorthin – und ich weiß, dass du das nicht willst…“. Auf alle Fälle haben wir schon lange nicht mehr so viel bei einem Treffen gelacht. Als wir dann zum Shoppen aufbrechen, bin ich ein ganz armer Tutu, weil Caro mich in hunderte Kleider und Röcke zwingt, immer mit einem „das würde beim Tanzen aber besonders hübsch schwingen“ und einem kleinen Kichern begleitet.
Ich mache gute Miene zum bösen Spiel und hoffe, dass Caro sich bald wieder beruhigt und ich wieder von der Schaufel runter steigen kann. Irgendwann kurz vor Mittag – als wir schon eine halbe Stunde nicht mehr gekichert haben – schlendern wir mit einem Iced Mocca Macchiato durch die Innenstadt und kommen am Schanigarten vom Tirolerhof vorbei, in dem Kelly und Andy Kainz sitzen und angeregt miteinander plaudern. Ich zucke mit keiner Wimper und schicke einige Stoßgebete gen Himmel „bitte mach, dass Caro die zwei grad nicht gesehen hat“. Aus dem Augenwinkel sehe ich allerdings, dass Caro gerade gegen einen heftigen Lachanfall kämpft, kaum, dass wir um die Ecke sind, beginnt sie lauthals zu lachen – und ich stehe schon wieder auf der Schaufel…
In der Woche darauf redet Caro mir wie einem kranken Pferd zu, dass wir dort unbedingt hin gehen müssen. Ich bin ja auch zugegeben ein neugieriger Mensch, also mache ich das, was jeder wohl in dieser Situation machen würde: ich google die Key-facts der Einladung. Und stelle fest, dass man im ganzen Internet nichts zu dieser Veranstaltung findet. Und beginne mich darüber zu freuen, dass ich eingeladen wurde. Aber ich möchte nicht, dass ich zu „offensichtlich“ dort bin – mein Plan ist also, dass ich beim Veranstalter anrufe und Caro und mich unter Caro’s Namen anmelde, damit ich nicht auf der Gästeliste aufscheine – und wenn es ein Fiasko ist, kann ich ungesehen wieder verschwinden. Ich rufe also beim Magistrat an, habe dummerweise die Angewohnheit, dass ich mich am Telefon mit vollem Namen melde, die Telefonistin zwitschert „können sie ihren Familiennamen bitte nochmals buchstabieren“… Also nix mit inkognito. Und da es eh schon wurscht ist, schicke ich ein kurzes mail an Peter mit „danke für die Einladung, Caro und ich kommen gerne“ und bekomme ein „sehr fein, dann sehen wir einander dort“ zur Antwort.
Caro jubelt, als ich ihr das mail vorlese „na schau, ihr werdet euch dort kennen lernen“. Ich sehe die Geschichte zugegeben skeptischer: es werden ein paar hundert Leute dort sein, er wird permanent von Menschen umringt sein und ist zudem Gastgeber – ich habe außerdem nicht vor, mich um ein Autogramm anzustellen, ergo werden wir uns im selben Raum aufhalten aber nicht miteinander sprechen.
Und irgendwann ist dann der D-Day da… Ich werfe mich zur Feier des Tages in einen schwarz-weiß gemusterten Rock, ein schwarzes Top (schwarz macht ja bekanntlich schlank) und ziehe mir meine Lieblings-Heels von Hugo Boss an. Caro holt mich von zuhause ab und ist begeistert. Kurz nach 15 Uhr sind wir in der Ottakringer Brauerei, wir betreten den Gerstenboden, und direkt hinter der Stiege posieren Peter und Julia Polai für einen Fotografen. Fast wäre ich in die beiden reingelaufen, zum Glück kann ich gerade noch rechtzeitig abbiegen, denn mich hat gerade mittel der Schlag getroffen: Peter trägt Tracht. Eine knielange Lederhose und dazu knielange cremefarbene Stutzen. Perfekt – Großstadttussi trifft Alm-Öhi, ich wusste, warum ich dort nicht hin will. Caro flüstert mir zu „er ist grad da vorne gestanden“ und ich bring nur ein „hast die Stutzen gesehen?“ raus… Ok, Flucht nach vorne, in unserem Fall Richtung Bar. Die Bar hat einen großen Vorteil: man hat immer was zum Trinken in der Nähe und sie ist weit, weit weg vom Geschehen. Und mein Unbehagen steigt: es sind Unmengen an Fotografen im Raum, zusätzlich ist ein Kamerateam vom ORF auch dort. Ich will einfach nur noch weg.
Es folgt eine kurze Ansprache vom Bezirksvorsteher und dann auch eine kleine Rede von Peter L. Eppinger, wo er auch auf eine kleine Tombola hinweist. Caro hat natürlich nichts Besseres zu tun, als meinen Namen auf ein Los zu schreiben. Ich flüstere „ich hoffe für dich, dass ich nicht gezogen werde“. Als Peter Richtung Bar flitzt, um die Tombolageschenke zu holen, läuft er an uns vorbei und schenkt Caro einen babyblauen Luftballon. Caro fasst den Plan „den gebe ich ihm heute noch zurück, dann muss er mit uns reden“. Und das Universum meint es auch gnädig mit mir, und mein Name wird bei der Tombola nicht gezogen.
Caro redet mir ständig zu „komm, lass uns hingehen und mit ihm reden“. Ich vertrete aber stur die Ansicht „mein Part war, dass ich hierher komme. Es war nicht vereinbart, dass ich ihn anspreche – er hat ein Foto von mir im Internet gesehen, das muss reichen, um mich zu erkennen. Und wenn es nicht sein soll, dann ist’s eben nicht.“ Irgendwann ist es Caro zu mühsam und sie meint „redest du noch mit mir, wenn ich ihn hierher hole?“. „Aber natürlich rede ich noch mit dir“ sage ich und denke mir „er ist von Menschen umringt – er wird nicht her kommen“. Caro schnappt ihren blauen Ballon und marschiert auf die Gruppe los, in deren Mitte Peter steht. Von meinem Platz aus kann ich wohl Caro beobachten, aber ich sehe Peter nicht. Ich sehe, dass Caro mit jemanden spricht, sehe dann, dass sie jemand den Ballon in die Hand drückt. Und dann sehe ich, dass sich dieser babyblaue Ballon auf mich zu bewegt…
Damit habe ich natürlich nicht gerechnet, und ich bin mir sicher, dass mir die Überraschung überdeutlich ins Gesicht geschrieben ist. Zusätzlich bekomme ich fast kein Wort heraus (die zweite Überraschung – blöd reden ist bei mir bis jetzt in jedem Fall gegangen) und all die witzigen Dinge, die mir normalerweise in solchen Situationen zu hunderten einfallen, sind einfach nur weg… Ich schaffe es gerade, ein, zwei zusammenhängende Sätze hervorzuwürgen, bis unser Gastgeber wieder von seinen Pflichten eingeholt wird und er zum nächsten Tisch eilt.
Caro und ich stehen noch ein bisschen in der Gegend rum und beobachten die Szene. Irgendwann läuft der Bezirksvorsteher an uns vorüber und übergibt einer Zapferin das Trinkgeld für die Angestellten. Am Rückweg bleibt er bei uns stehen und erzählt uns, dass es ohnehin besser ist, wenn man(n) einer Frau das Trinkgeld gibt, weil Frauen ohnehin mit Geld besser umgehen können. Caro meint „das ist ja schön, dass sie das auch so sehen“, woraufhin uns der Bezirksvorsteher zuzwinkert und meint „wir Frauen müssen ja zusammen halten“. Caro und ich lachen artig über seinen Witz und er zieht glücklich von dannen. Ich bemerke trocken: „soviel Mühe hat er sich gegeben, und dabei nicht eine Wählerstimme lukriert“…
Gegen 18 Uhr verlassen Caro und ich die Party. Ich überlege, wie anstrengend es sein muss, wenn man berühmt ist: man muss zu allen Leuten nett und freundlich sein, wird permanent von Allen angesprochen und jeder glaubt, dass er dein Freund ist. Ich bin unendlich froh, dass mein Leben in Wahrheit so ruhig und beschaulich ist, und dass sich niemand drum schert, ob ich nun ungeschminkt und unfrisiert einkaufen gehe und mit wem ich essen gehe. Aus dem Cocktail mit Peter ist übrigens nichts geworden, aber der Volksmund sagt ja so schön: man trifft jeden Menschen zweimal im Leben.
… ups, ist diesmal etwas länger geworden, um nicht von ep(p)ischer Länge zu sprechen...
drewshine - 14. Jul, 18:32